Erstmal werde ich erklären, was Ageismus bedeutet, damit alle verstehen, worum es überhaupt geht.
Es wird Age-ismus ausgesprochen, weil es aus dem englischen "age" kommt, was Alter bedeutet. Es steht also für die (systemische) Diskriminierung von Menschen aufgrund des Alters und sie ist bidirektionell, was heißt, es können sowohl junge als auch alte Menschen davon betroffen sein.
Die sogenannten Privilegierten sind die Menschen, die weder alt, noch jung sind. Die Grenze ist nicht klar definiert, aber sagen wir mal die 28 bis 55-Jährigen. Was jedoch nicht bedeutet, dass diese Menschen keine Nachteile von Ageismus haben können. Zum Beispiel, wenn sich über den Alphabetismus einer erwachsenen Person lustig gemacht wird (das ist dazu noch ableistisch). Sie wird aber nicht runtergemacht, weil sie erwachsenen ist, sondern weil nicht schreiben und lesen zu können mit dem Kleinkindsein in Verbindung gebracht wird.
Ich möchte über Ageismus bei Kindern reden.
Schließlich ist heute Weltkindertag, wie es mir Google und Twitter angezeigt haben.
Alle von uns handeln nach substilen und tief verankerten Unterdrückungsmechanismen, die eben so tief verankert sind, dass wir sie selten von alleine bemerken.
In Deutschland ist das nicht so, aber in Ländern wie beispielsweise Frankreich, ist die einzige Menschengruppe, die man legal schlagen darf, Kinder (1). Einen Erwachsenen zu schlagen ist ein Angriff, ein Kind zu schlagen eine verdiente Bestrafung. Und selbst, wenn es in Deutschland rechtlich gesehen nicht so ist, wird meistens niemand etwas machen, da es zum Privatleben gehört.
Pro Woche sterben in Deutschland drei Kinder durch häusliche Gewalt.
(1) Wenn man der/die Erziehungsberechtige-r des Kindes ist. Keine Lehrkraft.
Kinder sind die einzigen Menschen, die man heulen lässt, ohne dass man es für nötig hält, einzugreifen. Es wird damit begründet, dass es normal ist, dass ein Kind jammert, heult, mit aller Lungenkraft schreit oder dass es gut ist, Kinder weinen zu lassen, weil zu viel Fürsorglichkeit und Mitgefühl zu schlechten Angewohnheiten führt. Empathie ist also schädlich.
Kinder sind die einzigen Menschen, bei denen man sich nicht nur erlauben kann, entscheiden zu können, was sie gerade machen sollen, sondern auch, was sie später machen sollen.
Klar, viele Leute erinnern die Eltern daran, dass sie darüber mit ihren Kindern reden sollen, wenn sie das aber nicht machen, ist es auch okay. Wenn sich die Eltern gegen den Willen ihres Kindes für G8 entscheiden, dann geht das.
Kinder sind nicht die einzigen, denen man Befehle gibt. Angestellte bekommen zum Beispiel auch welche. Aber Angestellte müssen nicht haargenau alles machen, was man ihnen gesagt hat. Sie dürfen etwas ablehnen, wenn es ihnen falsch vorkommt.
Bei Kindern reicht ein besserwisserischer und autoritärer Ton. Es wird nie als Unhöflichkeit oder Machtmissbrauch wahrgenommen. Was Kinder betrifft, scheinen diese beiden Sachen nicht mal zu existieren.
Wenn eine erwachsene Person mit seinem Kind höflich ist, wird sie sogar als schwach und lax wahrgenommen.
Kinder dürfen ihre Meinung nicht äußern. Zwar können Kinder nicht in allen Bereichen wissen, was gut für sie ist und was nicht, aber es gibt Bereiche, wo es eben doch der Fall ist - zum Beispiel wann und von wem sie angefasst und geküsst werden wollen.
Wenn ein Kind heult, ist es Erwachsenen überlassen, zu entscheiden, ob es gute Gründe hat. Manchmal heult ein Kind, da interessieren sich die Erwachsenen (Eltern, Lehrer-innen, Erzieher-innen, etc.) nicht mal dafür, wieso! SIe fragen einfach nicht nach. Stattdessen wird es angeschrien. Natürlich hört man auf zu weinen, wenn man angeschrien wird.
Als ich jünger war, habe ich mal mit anderen Kindern an einem Tisch gegessen. Plötzlich kam ein Mädchen mit ihrem Vater dazu. Das Mädchen wollte aber nicht essen und der Vater hat versucht, sie zu zwingen (sie war vielleicht 6 Jahre alt). Allein schon das war mir zu viel, weil ich ein anderes Mädchen kannte, das dies passert war und sie musste dann im Krankenhaus, weil sie eine Krankheit hatte, wovon niemand wusste da sie gegessen hatte, obwohl sie nicht mehr konnte, ist sie beinahe gestorben und bis heute ist sie davon traumatisiert. Aber es war nicth alles. Da sie nicht wollte, flüsterte ihr der Vater, aber dennoch so laut, dass es nicht schlimm war, dass es alle hörten, "Wenn du das nicht isst, schlage ich dich, sodass es dir peinlich wird, vor den anderen Kindern zu heulen."
(Ich denke, dass ich mir die Mühe sparen kann, zu erklären, weshalb dieser Satz so unglaublich ist.)
Kinder sind die einzigen Menschen, bei denen man sich erlauben kann, für sie zu entscheiden, ob sie sich weh getan haben, sprich ob sie jetzt wirklich leiden oder ob es nur Theater ist.
Niemand fragt sich, wieso ein Kind weint, obwohl es nicht leidet. Niemand fragt sich, wie man schreien kann, ohne Gründe zu haben, zu schreien.
Anscheinend ist ein Kind zu sein schon ein rechtsgültiger Grund zu weinen oder - und das ist jetzt eine sehr weitverbreitete Theorie - Kinder lieben es, Erwachsene zu nerven.
Es ist nicht nur so, dass man für das Kind entscheidet, ob es Gründe zum Weinen hat oder nicht, sondern es ist auch so, dass man, wenn entschieden wurde, dass es keine Gründe gibt, fühlen sich die Leute erlaubt, keine Fürsorglichkeit zu zeigen.
Wenn eine erwachsene Person vor mir anfängt, sich die Augen aus dem Kopf zu weinen, weil ihr Fingelnagel abgebrochen ist - selbst wenn ich finde, dass es übertrieben ist - werde ich ihr doch nicht die Tür vor der Nase zuschlagen, sie beleidigen und ignorieren.
Vielleicht wurden wirklich Menschen so reagieren, aber dann ist es vielleicht ja eine Auswirkung der Erziehung, die sie bekommen haben.
Kindern wird verboten, ihre Gefühle zu zeigen: "Wenn du heulst, bekommst du [Strafe]". Für viele ist es einfach normal, sowas zu sagen.
Die erwachsene Person entscheidet, was das Kind fühlen darf und das nach Kriterien, die von erwachsenen Personen festgelegt wurden, sowie die Art, wie es diese Gefühle ausdrücken darf.
Kinder sind generell nicht in der Lage sich diesen Erwartungen anzupassen, weil viele Erwachsene nicht wirklich wissen, was Kinder sind (Kinder zu haben reicht nicht, man kann sich ja immer noch an falsche Vorstellungen festhalten).
Deshalb machen die Kinder weiter, selbst wenn man sie mit der schlimmsten Sache bedroht hat.
Wenn du einem Kind sagst, "wenn du nicht aufhörst zu weinen, wirst du die ganze Nacht auf dem kellerboden verbringen", dann wird es nicht aufhören zu weinen (und vielleicht wird es auch eben wegen dieser Drohungen weiterheulen).
Kinder sind nicht die einzigen, die man bestraft, aber um einen Erwachsenen zu bestrafen, braucht man einen Gericht, das heißt, es wird diskutiert und es wird überprüft, ob die Person wirklich schuldig ist.
Manchen Eltern interessiert es nicht. Sie haben was gehört, direkt glauben sie es und direkt bestrafen sie ihr Kind.
Wenn das Kind sagt, es war es nicht, dann lügt es, weil Kinder angeblich gerne lügen und manipulieren (wie ich schon mal schrieb, führen die Strafen dazu bei, dass Kinder lügen).
Selbstverständlich können Gesetze, worauf sich im Gericht basiert wird, sehr unlogisch sein, aber wenn Eltern ihre Kinder aus richtig unlogischen Gründen bestrafen wollen, dann wird niemand was machen, niemand wwird protestieren, denn die Kinder selbst werden nichts dagegen machen. Weil man Kindern einredet, ihre Eltern sie lieben und"nur das Beste für sie wollen". Wenn du deine Eltern nicht liebst, gibst du ihnen ihre Liebe nicht zurück, was dich zu einem Monster macht.
Und wenn du etwas dagegen unternimmst, zerstörst du die Familie (erst recht, wenn das Sorgerecht weggenommen wird), dann bist du ein noch größeres Monster, das sich bis zu seinem Lebensende schämen sollte.
"Eine Familie: Man streitet sich oft, aber eigentlich hat man sich ganz dolle lieb." Diese Sprüche liest man überall. Es mag sein, dass es auf die Personen zutrifft, die das geschrieben haben, jedoch ignoriert es Kinder, die von häuslicher Gewalt betroffen sind, und für die ist das genau so schädlich, wie sich seit immer "Eltern wollen immer nur das beste für ihre Kinder" anzuhören. Es ist schädlich für sie, weil sie sich einreden, dass das, was hnen angetan wird, gut ist.
Bei diesem Satz hört es sich so an, als hätten Erwachsene für andere Erwachsene Angst, dass ihre Kinder ihnen nicht mehr aufs Wort gehorchen oder sonst was.
Ein Kind kann zehn mal am Tag bestraft werden, das ist vollkommen möglich, solange die Eltern das so wollen.
Kinder sind fast das Eigentum ihrer Eltern. Klar können die Eltern rechtlich keinen Steak aus ihren Nachkommen machen und natürlich soll die elterliche Pflicht dafür sorgen, das Beste für die Kinder zu machen, aber was das Beste für das Kind ist, wird doch auch von den Eltern bestimmt.
Wenn die Eltern entschieden haben, dass es das Beste für ihr Kind ist, später zu studieren, dann werden es alle für normal halten, dass die Eltern Druck machen, damit das Kind gute Noten in der Schule bekommt.
Man entscheidet für das Kind
"Es geht nicht anders."
Teilweise stimmt das (z.B. bei wo es leben darf). Aber ist es deshalb ein Grund, die Sicht des Kindes zu ignorieren? Ist ja nicht so, dass es keine Auswirkung auf das Kind hat. Man kann sich entweder denken "wir ziehen aus, ich habe das entschieden, ich bin die/derjenige, die/der das entscheidet, also ist alles ok" oder man interessiert sich für das, was das Kind denkt, zeigt Empathie, erklärt, was man macht (。・°°・Kommunikation・°°・。) und wundert sich nachher nicht, wenn es wieder mal "ohne Grund" traurig ist.
"Du wirst schon sehen, wenn du Kinder hast."
Wenn es morgen dazu kommt, dass ich ein Kind schlage, glaube ich nicht, dass sich meine Meinung zu Gewalt deswegen ändern wird. Ich glaube einfach nicht, dass ich dann auf einmal denken werde, "ey, eigentlich ist schlagen super!", nur weil ich es in dieser Situation nicht geschafft habe, anders zu handeln.
Vielleicht passiert es immer anders als man es sich vorgestellt hat, Kinder zu haben, aber ich weiß, was Leid tut. Selbst wenn irgendwas nicht anders ging, kann ich nicht ignorieren, dass es schmerzt. Das muss man einfach beachten.
Kinder werden bestraft, geschlagen und gedemütigt, weil es schon immer so gemacht wurde, weil es genau das gleiche ist, was den Leuten, die das machen, angetan wurde.
Natürlich sind Kinder und Erwachsene verschieden, aber das ist nicht das Problem, sondern das Problem ist, wenn Unterschiede als Rechtfertigung für Gewalt verwendet werden.
Zum Beispiel wird gesagt, dass Kinder öfter weinen als Erwachsene, also sei es normal, Kinder weinen zu lassen. Beide Behauptungen haben jedoch nichts miteinander zu tun!
Klar haben Kinder nicht imer die Reife, ihre Gefühle zu kontrollieren, aber es ist kein Grund, so zu tun, als existieren diese Emotionen nicht. Klar ist es ermüdend und kann erschöpfen, anstrengend und unerträglich werden, aber ich kann nicht anders als mich in das Kind hineinzuversetzen, das warum auch immer traurig ist und seine Eltern es auslachen, es ignorieren oder es bestrafen anstatt bisschen Empathie zu zeigen.
Vielleicht wird es dadurch nicht aufhören zu weinen, aber es ändert eine ganze Menge.
Bedenke jetzt, dass Kinder oft niemand anderes als ihre Eltern haben, um sich zu stützen und sie mitten in ihrer Gefühlsentwicklung sind.
Stell dir vor, was ein Kind fühlt, dem man verbietet zu weinen oder bestraft, weil es seine Traurigkeit zeigt. Nehmt in Betracht, dass seine Persönlichkeit und sein Selbstwertgefühl gerade dabeu sind, sich aufzubauen.
Bemerkenswert ist auch, wenn Eltern ihre Kinder beschimpfen und ihnen sagen, dass sie sich selbstbeherrschen sollen (z.B. sollen sie aufhören zu weinen, obwohl sie etwas aufregt), aber gerade wenn sie das sagen, machen sie das selbst nicht.
"Kinder sind so und so, es ist gut, Kinder schreien zu lassen, Kinder sind launisch, Kinder sind boshaft und manipulieren, sie müssen dressiert werden, wenn man es nicht richtig macht, werden sie zu monströsen Tyrann-inn-en, etc."
Kinder zu dressieren ist eine Form von Unterdrückung und seine Auswirkungen sind dramatisch. Dressur (lernen bedingungslos zu gehorchen, Gefühle nicht zeigen, die Klappe halten, etc.) lehrt uns, dass Unterdrückung normal ist und dass man sie zu akzeptieren hat. Man hat zu akzeptieren, dass man unter sie leidet, dass sie gut für uns ist und dass es keine Alternative gibt.
Und das kommt von Menschen, die uns am nahesten stehen, mit denen wir Jahre zusammenleben werden, die wir lieben oder auch wenn nicht: Wir hängen zumindest von ihnen ab und es wird an uns ausgeübt, wenn wir gerade dabei sind, die Welt zu entdecken, unsere Persönlichkeit dabeiist, sich aufzubauen und unsere Normen sich formen.
Kinder haben keine andere Wahl als sich diesem System unterzuwerfen. In extremen Fällen können sie ihre Eltern anzeigen, aber generel machen sie das nicht. Wie schon erwähnt, du bist ein Monster, wenn du deine Familie für eine "normale" Sache zerstörst. Du bist ein Monster, wenn du deine Eltern nicht liebst und wenn du sie anzeigst, liebst du sie ja nicht. Außerdem wissen die Kinder nicht immer, wie das geht oder dass es überhaupt geht.
Da die Kinder im generellen Fall ihre Eltern eh nicht anzeigen werden, sondern darauf warten werden, dass sie 18 sind, solltr man deshalb, wenn man etwas mitbekommt, z.B. als Nachbar-in, nicht zögern und die Eltern für das Kind anzeigen (MEINE MEINUNG!!!).
Apropos Meinung - die von Kindern wird schon aus Prinzip nicht mit der Meinung von Erwachsenen gleichgestellt (natürlich finde ich nicht, dass man in jeder Situation jede Meinung gleichstellen soll, aber man sollte es nicht mit Ageismus erklären: "Von kleinen 12-Jährigen lasse ich mich nicht belehren!" oder vor einer Woche habe ich von einer erwachsenen Frau gehört, dass einem Mädchen, das geschätzt so alt war wie ich, gesagt hat, dass sie nichts zu sagen hätte, weil sie vor "noch nicht allzu langer Zeit Windeln getragen hat").
Indem Kinder beigebracht bekommen, bedingungslos zu gehorchen und sich der Autorität der Erwachsenen zu unterwerfen, wird ihnen beigebracht, wie eine Gesellschaftshierarchie funktioniert. Genau so wie das Patriarchat, die Heteronormativität, Speziesismus und vieles mehr Gesellschaftshierarchien sind.
Unterdrückt worden zu sein und es normalisiert zu haben, ist ein uter Weg, um Unterdrückungen nicht zum Stoppen zu bringen. Es wird nachgemacht, denn so macht man das ja!
Genau so erzieht man seine Kinder zu Tyrann-inn-en. Nicht indem man sie respektiert, sondern indem man sie tyrannisiert.
Menschen, die im Kindesalter Opfer häuslicher Gewalt waren, neigen eher dazu, auch im erwachsenen Alter wieder Opfer zu sein (ich nehme an, weil sie es nicht stoppen, weil sie es für normal halten) oder aber auch zum / zur Täter-in zu werden (ich nehme an, weil sie das Andereschlagen normalisiert haben und sie sowieso beigebracht gekommen haben, dass Erwachsene ihre Kinder schlagen müssen).
Alle Formen von Unterdrückung (Rassismus, Sexismus, Homophobie, Fatphobia, etc.) sind miteinander verbunden und beruhen auf vergleichbare Mechanismen.
Ageismus ist die Unterdrückung, die den Betroffenen beibringt, dass Unterdrückung normal, unausweichlich und sogar erwünscht ist (ah ja, und natürlich).