Ich habe überlegt, ob es Dinge gibt, die ich am Feminismus nicht gut finde und ich habe schon ein paar Kritikpunkte gefunden. Das hat mich daran erinnert, dass ich vor sehr, sehr, sehr langer Zeit einen Text vorgeschrieben hatte, über bestimmte Dinge, die mich an vielen LGBT-Aktivist-inn-en nerven, aber ich habe ihn nie veröffentlich. Nicht, weil ich mich nicht getraut habe, sondern weil mir irgendwann die Lust am Erklären vergangen ist - das war der Hauptgrund - und auch weil ich gemerkt habe, dass die Hälfte aller Sätze nicht wirklich von der LGBT-Community stammt, sondern wahrscheinlich eher von Pseudo-Allies. Tja, war aber nicht mein Ziel.
Unter all den mir eingefallenen schlechten Aspekten des Feminismus, habe ich mir einen ausgesucht und zwar handelt es sich um das Konzept des Konsens, weil es da sehr viel zu sagen gibt und wahrscheinlich werde ich auch manches vergessen.
Natürlich bin ich nur eine Person, die alles von ihrem Standpunkt aus wahrnimmt. Vielleicht habe ich auch Dinge falsch verstanden, jedoch denke ich schon genau zu wissen, was Feminist-inn-en allgemein zu den verschiedenen auf das Geschlecht bezogenen Themen denken.
Wenn im Feminismus das Wort "Konsens" fällt, geht es meist um das Thema Vergewaltigung.
Es heißt immer "kein Konsens = Vergewaltigung" - das ist auch das, was ich in einem sehr alten Text geschrieben habe.
Damit ist aber nicht gemeint, was die Person gesagt hat, sondern was die Person gedacht hat. Heißt, wenn die Person Ja sagt, obwohl sie das eigentlich nicht wollte, dann ist gilt das als eine Vergewaltigung.
"Nein heißt Nein. Zögern heißt Nein. Schreien heißt Nein. Ignorieren heißt Nein. Unsicherheit heißt Nein. Wegdrehen heißt Nein. Weggehen heißt Nein. Nichts sagen heißt Nein. Nur Ja heißt Ja und ein Ja kann jederzeit zu einem Nein werden."
Das habe von einem feministischen Blog abgeschrieben. Ich finde das Geschriebene nicht falsch und es geht jetzt nicht darum, es zu kritisieren. Wenn man das liest, denkt man sich, dass es eine ganz klare Definition gibt, jedoch finde ich sie an einigen Stellen zu verschwommen.
Auf Twitter habe ich gesehen, wie eine Person in einem ihrer Tweets einen ganz eindeutigen Unterschied zwischen "nicht-zugestimmter" und "nicht-gewollter" Geschlechtsverkehr gemacht hat und mein Blitzgedanke dazu war, dass es doch das gleiche ist und die einzigen Reaktionen drunter waren auch Anmerkungen, dass kein Unterschied vorhanden sei.
Bevor ich erläutere, weshalb ich die feministische Definition des Konsens für zu simplifiziert halte, wollte ich noch etwas anderes hinzufügen.
Ich finde, wenn über das Thema geredet wird, ist es zu sehr auf die Frau zentriert. Ich kann es gut nachvollziehen, weil es ein Problem ist, das eher Frauen betrifft - das werde ich später auch noch erklären -, jedoch... eben nicht ausschließlich.
Klar wird mal auch kein Geschlecht genannt - das Zitat von vorhin ist nicht geschlechtsspezifisch -, aber ich denke, dass man sich meist vorstellt, dass es darum geht, die Ablehnug einer Frau zu respektieren, weil ich bisher noch kein einziges Mal irgendeinen Post gesehen habe, der ganz speziell an Frauen gerichtet war, dafür aber viele, die mit "Liebe Männer..." anfingen.
Auch wenn es meine Beobachtung ist, dass Frauen allgemein besser das Nein anderer akzeptieren können, trifft das ganz einfach nicht auf alle zu.
Es ist leichter die Fehler der anderen zu bemerken als die eigenen. Deshalb denke ich, dass es Fälle gibt, wo eine Frau (nicht [zwangsläufig] eine Feministin) zwar verstanden haben kann, dass ihre eigenen Wünsche respektiert werden sollten, aber nicht merkt, dass sie selbst die Grenzen anderer überschreitet.
Ich habe mir einen Podcast angehört - nur um zu erwähnen, um welchen es sich handelt: Er hieß "von rassistischen Affen und verlogenen Statements" (David Hain & Robin blase) -, den ich furchtbar fand, weil es zwei weiße Männer sind, die nicht darauf gekommen sind, dass ihr Standpunkt ziemlich egozentrisch sein könnte; damit meine ich: Es ist etwas egal, dass sie die Aufregung über den H&M-Pulli, manche Metoo-Berichte und Trigger-Warnungen übertrieben finden.
Jedoch fand ich einen Punkt trotzdem interessant und zwar meinte der eine, dass er es heuchlerisch von einer Frau aus seinem Umfeld fand, dass sie den Hashtag Metoo verwendet hat, obwohl er sich selbst von ihr belästigt fühlt. Das ist genau das, was ich meine und muss zugeben dass ich bis zu diesem Zeitpunkt nicht wirklich an diese Perspektive gedacht habe.
Es fällt mir auch ein Beispiel aus einer Serie ein. In 13 Reasons Why ist Jessica zwar selbst Opfer einer Vergewaltigung gewesen, wird jedoch an zwei Stellen sauer, diskutiert, wenn Justin nicht will. (Ich kann mich nicht mehr genau erinnern, in welche Folgen es genau kam, das eine Mal war aber als sie bei ihm eingeladen ist und anschließend Alkohol klaut.)
Ich habe bisher noch kein einziges Mal gelesen oder gehört, wie das jemand in irgendeiner Weise angesprochen hat; wobei allgemein nicht so über diese Serie geredet wird, wie ich es gerne hätte.
Ein anderes Problem, das ich sehe, wenn es so gut ausschließlich auf Frauen bezogen wird, ist dass es so wirkt, als sei es etwas, was sie akzeptieren:
Sie warten darauf, dass der Mann sie fragt und dann mal sehen, was sie so antworten. Es entspricht immer noch der Idee, dass der Mann derjenige ist, der den ersten Schritt macht, der das Angebot macht, der Intiativen nimmt und die Frau wieder mal einfach nur wartet.
Das Wort, was sich eigentlich hinter "Konsens" verbirgt, ist "Verlangen".
Denn wenn eine Person kein Verlangen hat, der/die Partner-in aber schon, sie diese-r nicht enttäuschen will und deshalb "ok" sagt, dann gilt das nicht als Ja und was nicht als Ja gilt, ist eine Vergewaltigung. Selbst wenn die Person behauptet, dass es ihr nichts ausmacht, weil sie die andere Person liebt.
Selbstverständlich finde ich nicht, dass es etwas ist, was man jemanden zu Schulden kommen kann oder dass man sich für die andere Person schon ein bisschen zwingen kann, wenn man sie wirklich liebt.
Aber es gibt einen Punkt, den ich heuchlerisch finde und zwar scheint es niemanden zu stören, wenn die eine Person asexuell ist.
Falls jemand nicht wissen sollte, was Asexualität ist... ich definier's.
Asexuell bist du, wenn du keine sexuelle Anziehung gegenüber anderen Menschen empfindest.
Es heißt nicht, dass du generell keine empfindest, es heißt nicht, dass du dich nicht verlieben kannst oder keine Beziehung führen willst, es heißt nicht, dass es dich traumatisieren würde, Sex mit einer anderen Person zu haben, es kann dir absolut nichts ausmachen. Aber du hast einfach kein Verlangen danach, du würdest ohne die andere Person nicht selbst darauf kommen, es zu machen. Du machst es für die andere Person.
Manche haben schon was dagegen, Sex zu haben, andere wie gesagt nicht. Das heißt, wenn du mit einer asexuellen Person Sex hast, nachdem sie zugestimmt hat, gibt es zwei Möglichkeiten: Sie wollte das nicht und hat es dir nicht gesagt oder sie hat wirklich nichts dagegen.
Die zwei Möglichkeiten kann es auch bei allosexuellen Menschen geben (allosexuell ist das Gegenteil von asexuell, also ein Sammelbegriff für hetero-/homo-/bisexuell, usw.)
Wenn eine allosexuelle Person für der/die andere-n zustimmt, dann ist das eine Vergewaltigung, aber einer asexuellen Person handelt es sich um eine persönliche Entscheidung.
Auch ist es einfach so, die Möglichkeit habe ich schon genannt, dass man zustimmen kann, obwohl man es eigentlich nicht will (genau so kann man ablehnen, obwohl man eigentlich gerne würde).
Das geht auch ohne, dass der/die andere in irgendeiner Weise Druck ausgeübt hat.
Das heißt nicht, dass man sich nicht vergewaltigt fühlen darf, aber - und das wäre jetzt eine Aussage, womit Feminist-inn-en nicht einverstanden wären - nur weil man sich vergewaltigt fühlt, heißt es nicht, dass es eine Vergewaltigung gewesen ist.
Es gibt einen Unterschied, ob man Ja sagt, weil die andere Person darauf besteht oder weil man sich selbst unter Druck gesetzt hat.
Vielleicht hast du auch ein Trauma oder hast durch frühere Beziehungen schlechte Erfahrungen gemacht und traust dich nicht, es der Person zu sagen. Aber die Ursache ist einfach nicht die andere Person.
Das klingt wie das typische "Sie hätte einfach Nein sagen können!". Ich behaupte nicht, dass es für alle einfach ist, aber wenn nicht Nein gesagt wurde, auch nicht mit Körpersprache oder Ähnlichem, sondern sogar Ja, dann kann man auch nicht von der anderen Person erwarten, dass sie alles errät.
Natürlich sollte man sich in einer Beziehung idealerweise vertrauen und alles erzählen können, jedoch können das manche einfach nicht.
Zur Frage, wieso ich denke, dass es sich hauptsächlich um ein Problem bei Frauen handelt - ich denke, es gibt viele Punkte, aber zähle nur die für mich relevantesten auf -, ist weil man beispielsweise sagt, dass es nicht schlimm, eventuell gut und sogar erwünscht ist, wenn eine männliche Person viel Sex hat, bei einer weiblichen Person ist es aber das pure Gegenteil.
Jeder Mensch ist individuell, und nur weil man dir sagt, du solltest etwas tun, heißt es nicht, dass du es auch tun WILLST. Trotzdem denke ich nicht, dass es verwunderlich ist, wenn deswegen - in einer heterosexuellen Beziehung versteht sich - ein Konflikt entstehen kann.
Dazu kommen Vorurteile wie "der Mann kann sich nicht kontrollieren", "es ist normal, dass der Mann mehr Verlangen hat", "Männer denken ständig daran, deshalb ist es ihnen sehr wichtig",...
Man könnte auch Sätze hinzufügen wie "Sex ist Teil einer gesunden Liebesbeziehung", "Es ist ein Grundbedürfnis, wenn du's nicht verspürst, musst du was machen, denn bist du krank", die zwar nichts über speziell den Mann aussagen, aber wenn du als Frau hörst, du solltest das nicht tun, weil es degradierend für dich ist, gleichzeitig aber auch, dass du es tun sollst, weil es sonst kein Wunder ist, wenn man dich verlässt und weil es "nicht normal" ist, dann kann es verwirrend sein, weil egal, wie du dich entscheidest, du hast ein schlechtes Gewissen.
Aber diese ganzen Ansichten und Vorurteile hat nicht unbedingt die Person, mit der man zusammen ist, deshalb kommt dieser Druck nicht von ihr, sondern von der Gesellschaft, die man nicht hinterfragt hat. Man kann DENKEN, dass der Gegenüber frustriert, enttäuscht, was auch immer sein wird, obwohl dem eigentlich nicht so ist.
Das Gefühl gezwungen zu sein, ist dann real, es existiert, aber es kann nicht der anderen Person zugeordnet werden.
Beim Thema Vergewaltigung fällt auch der Begriff "Victim Blaming" - oder auf Deutsch: die Täter-Opfer-Umkehr -, da nicht selten dem Opfer für das Geschehen gegeben wird.
Dazu sagen Feminist-inn-en, dass immer einzig und allein der Täter bzw. die Täterin verantwortlich ist. Soweit so gut, das sehe ich natürlich genau so.
Wenn man aber die Situation, die ich in diesem Text geschildert habe, auch als Vergewaltigung bezeichnet, heißt es dann wirklich, dass die Person, mit der man zusammen ist, Schuld am eigenen Unwohlsein ist?
Ich finde, dass es in diesem Fall die eigene Verantwortung ist. Wenn es etwas ist, was öfters vorkommt, dann hat man ja eigentlich ein Problem mit sich selbst. Generell wenn es um die Suche nach dem eigenen Wohlbefinden geht, heißt es, dass man selbst etwas tun muss anstatt zu warten, dass alles sich von alleine ändert oder dass andere alles für dich tun.
Ich denke, das hängt damit zusammen, was ich schon mal in einem anderen Text erläutert habe: Ich vermute, dass - zumindest - Frauen generell von einer Beziehung erwarten, dass der Mann ihnen viele Türen öffnet und dass deshalb einfach auf ihn warten, anstatt selbst etwas für sich zu tun.
Twilight ist eine Geschichte, die mega gut angekommen ist und die meisten Fans sind weiblich. Edward verändert Bellas ganzes Leben, aber was tut Bella genau für Edward? Nichts, außer vielleicht eine gemeinsame Tochter zur Welt zu bringen.
Das genau so wie in Fifty Shades of Grey, auch eine Geschichte, die hauptsächlich weibliche Fans hat. Mir fällt nichts ein, was Ana für Christian getan haben könnte.
Innerhalb der fünf letzten Jahre ist mir paar Male vorgekommen, dass mich fremde Menschen auf irgendeinen sozialen Netzwerk angeschrieben haben, um mir ihre Beziehungsprobleme zu erzählen.
Und manchmal war das Einzige, was ich mir erstmal dachte: "Wieso sagst du nicht einfach das, was du mir gerade geschrieben hast, deinem FREUND?".
Das Problem war natürlich die Kommunikation. Okay, manche können das halt nicht.
Aber dann denke ich mir nur (mir ist bewusst, dass es moralisierend klingt): Wenn man Schwierigkeiten hat, über dieses Thema zu reden, dann sollte man es lassen. Man sollte überhaupt gar keinen Geschlechtsverkehr haben.
Wenn du es machst, obwohl du nicht darüber reden kannst, über was dir weh tut, über was dir gefällt, was du machen willst, etc. wenn du nicht NEIN sagen kannst, dann weiß ich nicht, wie du nicht erkennen kannst, dass es ein Problem gibt. Vorallem, wenn du dann auch noch behauptest, dich vergewaltigt zu fühlen...
Damit meine ich nicht, dass es alles deine Schuld ist, aber du musst ehrlich zu dir selbst sein und dir eingestehen, dass es ein Problem gibt, überlegen, woher es kommt, ob es an die andere Person oder dir selbst liegt und solange warten, weil du nicht bereit dafür bist.
Anschließend habe ich mir gedacht, ich frag einfach eine random Feministin, wie sie denkt, wie es ist. Habe eigentlich keine Bestätigung gebraucht, aber... yo.
Was ich gar nicht erwähnt habe, ist dass ich daran glaube, dass man jemanden ~unbewusst~ vergewaltigen kann, das ist aber ein anderes Thema; für mich ist eine Vergewaltigung, wenn die Ablehnung einer Person nicht respektiert wird, ob verbal, körperlich, was auch immer, aber nicht, wenn man die Freiheit hatte, sich zu entscheiden.