Nice Guys — Erklärung (+ Friendzone)

Vor langer, langer Zeit (mir kommt es gar nicht wirklich vor, als sei es lange her, aber mehrere Monate sind schon vergangen) habe ich etwas darüber geschrieben, was manche Feminist-innen als einen "Nice Guy" bezeichnen und ich habe einfach eine Art "Geschichte" geschrieben. Natürlich musste es logisch sein und habe deshalb nur einen Beispiel genommen, wie ein NG sein könnte, es heißt also auch, dass ein NG anders sein kann als beschrieben. 

Obwohl ich denke, dass es verständlich war, worauf ich im Text hinaus wollte, wollte ich trotzdem nochmal auf das Thema zurück gehen. 


"Nice Guy" ist ein ironischer Begriff, weshalb manche ein "™" dranhängen, damit differenziert wird, denn die Personen, die so bezeichnet werden, nur von sich selbst behaupten, nett zu sein. In Wirklichkeit sind sie es aber in der Hoffnung, eine Belohnung zu bekommen. 

Natürlich "erwartet" man meist schon Dankbarkeit, aber es geht um Belohnungen, die nicht selbstverständlich sind.

 

Wenn du deine Nachbarin dabei hilfst, etwas ins Haus zu tragen, dann ist es ja beispielsweise nicht selbstverständlich, dass sie dir Geld am Ende gibt. Du kannst nicht sagen, dass sie es müsste, wenn sie nicht als undankbar wahrgenommen werden will, weil du es beispielsweise in mehreren Filmen so gesehen hast und weil man es in deiner eigenen Weltanschauung einfach so macht. 

Und wenn du nur helfen würdest, weil du daran denkst, dass du am Ende Geld dafür bekommen wirst — ist "nett" wirklich der passende Begriff? Klar, die anderen würden es nicht wissen, aber ich rede jetzt nur von dir.

Ich glaube nicht, dass es etwas mit Nettigkeit zu tun hat, denn würde man dir davor sagen, dass du kein Geld bekommen wirst, dann würdest du nicht helfen wollen. 

 

Bei Nice Guys ist die Belohnung, die sie erwarten, kein Geld, sondern eine Beziehung (oder ähnlich) mit der Frau, der sie geholfen haben. 

 

Dieser Begriff bezeichnet also keine Jungs und Männer, die wirklich nett sind, sondern diejenigen, die es nur mit den Frauen sind (und ein "netter Mensch" ist eigentlich mit allen nett, nicht nur gegenüber einer Auswahl von Menschen).

 

Trotzdem kann ein Nice Guy wo anders, in anderen Situationen, nett sein — aber es ist hier nicht das Thema. 

 

Was ihn zu einem macht, sind bestimmte Situationen, in denen er sich nur nett zu Frauen, an denen er interessiert ist, verhält, weil es Teil einer Verführungsstrategie ist und er sich eine Belohnung erhofft (als würde ihm schon etwas schulden).

 

Für mich gibt es nicht wirklich jemanden, der an sich ein NG ist, sondern es ist eher eine Personifikation mehrerer Verhaltensweisen. Eher wenige entsprechen vollständig der Definition. 

 

Beispiele für Situationen, wo jemand als Nice Guy bezeichnet werden kann:

  • Eine Frau wird belästigt, ein Mann geht dazwischen und er will dann ihre Nummer / mit ihr was trinken gehen / sie nach Hause begleiten, obwohl sie nicht will, sodass er sie selbst schon ein bisschen belästigt.
  • Eine Frau bekommt Hilfe von einem Freund, weil sie ihre Arbeit verloren hat / ein Familienmitglied gestorben ist / sie eine Krankheit hat und dieser Freund geht davon aus, dass sie später mit ihm zusammen sein wollen wird und wenn es nicht der Fall ist, dann ist sie einfach nur undankbar nach "alldem, was er für sie getan hat".

Generell zeigt sich ein NG immer nett und freundlich zu Frauen, erhofft sich aber insgeheim, dass sie dann auf ihn stehen werden. 


Manchmal wird er ihnen vielleicht offenbaren, dass er sie liebt, jedoch wird er meistens nichts sagen, weil er davon ausgeht, dass die Frauen es durch sein Verhalten schon verstehen werden und dass er deshalb nichts mehr sagen muss. 

 

Warum existiert so ein Verhalten?

 

Für mich ist der erste Grund auf jeden Fall der Glaube, dass ein Mann und eine Frau gar nicht befreundet sein können. So kommt es dazu, dass wenn ein Mann und eine Frau eine etwas längere Zeit gemeinsam was machen, dann wird vom Umfeld oft davon ausgegangen, dass sie zusammen sind. Es sind definitiv nicht Filme, die dagegen helfen: Es ist dort sehr häufig so, dass wenn es einen Mann und eine Frau gibt, die was zusammen machen, dann küssen sie sich irgendwann. 

Da ich diese Woche Stranger Things zu Ende geschaut habe, kann ich ein sehr gutes Beispiel aus dieser Serie nehmen: Ständig gehen Leute in der Serie davon aus, dass Nancy und Jonathan ein Paar sind und sie müssen immer wieder erklären, dass sie nur Freunde sind. Am Ende küssen sie sich aber doch: Weil ein Junge und ein Mädchen, die was gemeinsam machen, nicht anders können!

 

Diese Denkweise scheint sehr weit verbreitet zu sein, auch wenn es in den Köpfen der Leute manchmal doch Ausnahmen gibt: wenn die eine Person dick, krank, depressiv, behindert, hässlich, etc. ist, zum Beispiel.

 

Leute, die behaupten, dass Mann und Frau nicht befreundet sein können, ohne dass sie sich am Ende verlieben, ignorieren oftmals Lesben, Schwule, bi- und aromantische Personen. 

Wenn es nicht der Fall ist, kommen meistens solche Sätze raus: "Ich will keine Freundin haben, die bi ist, weil ich dann auf andere Jungs und auf andere Mädchen aufpassen müsste" (dieser Satz impliziert aber auch, dass es normal ist, seine-n Partner-in zu kontrollieren), "ich würde keine lesbische beste Freundin haben wollen, denn bestimmt würde sie sich vorstellen, wie wir beide zusammen sind und das wäre ja dann keine Freundschaft mehr!" oder "Hilfe, ich habe erfahren, dass mein bester Freund schwul ist! Denkst du, er steht auf mich? Ich denke, ich muss die Freundschaft beenden."

 

Der Nice Guy denkt, dass wenn er sich mehrmals freundlich zu einer Frau zeigt, dann wird sie schon verstehen, was er will (nämlich eine Beziehung), denn in seiner Logik dient die "Freundschaft" zwischen Mann und Frau nur als "Vorstufe" zur Beziehung. 

 

Wenn die Frau dann zurück nett ist, dann wird er darin eine versteckte Botschaft sehen. Er wird sich verarscht und betrogen fühlen, wenn es nicht der Fall ist, nach "alldem, was er für sie getan hat". Er wird das Gefühl bekommen, dass sie ihn die ganze Zeit um den Finger gewickelt hat, weil es für ihn einfach nicht logisch ist, dass eine Frau sich nett zeigt und was mit einem Mann gemeinsam macht, wenn sie ihn nicht liebt. Sie hat ihn ausgenutzt.

 

Es gibt auch die Annahme, dass alle Menschen eine romantische Liebesbeziehung haben möchten und dass es krankhaft ist, keine zu wollen, weil man ohne Beziehung gar nicht glücklich im Leben sein kann. Alleine schon wenn Menschen Händchen halten ist es für viele logisch, dass sie ein Paar sind. "Du wirst alleine mit fünfzehn Katzen enden" ist für viele eine Beleidigung.

Die Vorstellung einer Frau von "lass uns Freunde sein" ist Freunde zu sein?
Die Vorstellung einer Frau von "lass uns Freunde sein" ist Freunde zu sein?

 

Der NG hat wahrscheinlich auch eine zu egozentrische Sicht auf die Welt. Er denkt, dass andere genau so funktionieren, wie er selbst funktioniert, also werden sie die Dinge verstehen, die er zu kommunizieren versucht und dann genau so zurück kommunizieren. 

 

Vielleicht hat er zu viel Sims gespielt und denkt, man müsste einfach mit der anderen Person drei Stunden Basketball spielen und sie dann plötzlich küssen, so ist man schon ein Paar und kann, wenn beide guter Laune sind, Kinder bekommen.

 

Warum ist dieses Verhalten problematisch?

 

Weil die Typen, die so denken und sich so oder ähnlich verhalten leicht dazu kommen zu belästigen, zu drohen, zu beleidigen, zu vergewaltigen, zu manipulieren, etc.

 

Nicht alle tun das, jedoch ist es eine mögliche Folge. Aus ihrer Sicht ist die Beziehung, die sie sich erhofft haben, oder Sex, etwas, was ihnen geschuldet wird und wenn sie einen Korb bekommen oder sie nichts sagen, sodass ihre Freundin dann mit jemanden anderen zusammen kommt, wird ihnen das, was ihnen zusteht, verweigert.

 

Also kann es dazu kommen, dass sie darauf bestehen werden, das zu bekommen, was sie suchen oder dass sie sich von dieser Ungerechtigkeit rächen.

 

Nice Guys vergleichen sich gerne mit den anderen Männern, die offen macho und gewalttätig sind. Nur dass diese Männer sich selbst wahrscheinlich auch als gut sehen, da niemand sich selbst als böse sieht, die Bösen sind immer auf die andere Seite. 

Und da die Frauen mit den anderen zusammen kommen (natürlich muss es nicht IMMER so sein, dass der NG ständig single bleibt), denkt er, dass Frauen lieber "Arschlöscher" lieben als die "netten Typen".

 

So können sie denken, "okay, ich war immer viel zu nett und es hat nicht geklappt, also werde ich jetzt meine Taktik ändern" und werden selbst zu "Arschlöschern". Eventuell lassen sie sich von PUAs (1) und Maskulinisten (2) umgarnen.

 

(1) PUA ist die Abkürzung für "Pick Up Artists". Das sind so gut wie nur Männer, die sich selbst als "Verführungskünstler" bezeichnen und sich gegenseitig quasi Tipps geben, wie man Frauen verführt. Ich denke, dass es einmal die Pick Up Artists gibt, die keine bösen Absichten haben, während andere (soweit ich es mitgekommen haben: die meisten) schon (z.B. ist ein sehr bekannter PUA Julien Blanc, aber auch weil es einen Skandal gab), aber ich denke, dass beide Gruppen problematisch sind, weil ich immer höre, wie sie sexistische Annahmen haben, wie sie davon ausgehen, dass die Frauen nicht lesbisch sind (und single), auch kommt es so rüber, als sei es nur ein Spiel und ich denke nicht, dass jede fremde Frau Lust auf sowas hat.

 

(2) Der Maskulinismus verteidigt die dominante Position der Männer, indem sie diese mit biologischen Argumente begründen. Er fürchtet, dass die Männer durch die Frauenrechte unterdrückt werden. Zum Beispiel: Durch die Frauenquote werden Männer diskriminiert oder es wäre eine Unterdrückung der Väter, dass nur die Frau über ihre Abtreibung entscheiden darf. Häufig vorkommende Argumente, weshalb Männer unterdrückt seien, sind dass Männer früher sterben, dass Männer öfter Selbstmord begehen, dass Männer öfter Krebs haben, dass Männer öfter im Gefängnis sind, dass Obdachlose meist Männer sind, dass früher Männer in den Krieg mussten, dass Frauen auch vergewaltigen, dass Frauen einfach behaupten können, dass sie vergewaltigt wurden, um das Leben eines Mannes zu zerstören, dass Mütter bei Trennungen öfter das Sorgerecht bekommen, dass Frauen bereits alle Rechte haben, dass Frauen sogar bevorzugt werden,...

Nicht immer, aber nicht selten finden Maskulinisten, dass der Vater über der Mutter steht, dass die Rolle der Frau sei, eine gute Mutter zu sein (weil Männer und Frauen zwar die gleiche Rechte hätten, jedoch aufgrund der Biologie unterschiedliche Pflichten haben). Der Maskulinismus ist eine rechts positionierte Ideologie.

 

Ein ähnlicher Begriff ist "MRA", die Abkürzung steht für Men's Right Activist und Wikipedia definiert es so:

Als Männerrechtsbewegung [...] wird eine Strömung bezeichnet, die - im Gegensatz zur Männerbewegung - antifeministische bis frauenfeindliche Positionen vertritt.

 

Eine gute Seite, um zu verstehen, was Maskulinismus ist, ist die Seite WikiMANNia (aus maskulinistischer Sicht) oder die Doku "The Red Pill" (ich habe sie mir nicht angeschaut, aber den Trailer:).

 

(Es gibt deutsche Untertiteln.)

      

Ich glaube aber, dass sich in Deutschland eher wenige selbst als Maskulinist-inn-en bezeichnen, sondern viel mehr als Antifeminist-inn-en, was sie auch sind, was aber überhaupt nicht bedeutet, dass sie nicht die Argumente verwenden, die ich vorhin aufgezählt habe.


Ein Thema, das eng damit verbunden ist, ist die Friendzone. Wikipedia definiert dieses Konzept so:

 

Friendzone [...] bezieht sich auf eine rein platonische Beziehung zwischen zwei Personen, in der sich eine Person eine romantische oder sexuelle Beziehung wünscht, die andere aber nicht. Ersteres befindet sich dann in der Friendzone. Der Status der Friendzone gilt als nicht wünschenswert und hat eine negative Konnotation.

 

Das klingt sehr geschlechtsneutral und anfangs dachte ich, dass es das auch ist. Aber irgendwann ist mir aufgefallen, dass es wirklich fast nur darum geht, dass ein heterosexueller Mann von einer Frau gefriendzoned wird.

 

Ich denke, dass dieses Konzept den Frauen schadet, weil sie als böse, heuchlerisch, Profitmacherinnen und manipulativ dargestellt werden, wenn sie Nein sagen. Dann heißt es, sie hat ihn ausgenutzt, sie hat ihn an der Nase herumgeführt... Ich habe vor nicht allzu langer bei einer Diskussion mitgehört, dass ein Junge meinte, dass wenn der Junge dem Mädchen ein Getränk oder ähnlich bezahlt, dann ist es damit sie erkennt, dass er sie liebt und dass es unhöflich ist, wenn sie das nicht versteht (= nichts passiert). Ich verstehe nicht, wieso ein Freund das nicht tun könnte und man das verstehen sollte, wenn nichts gesagt wird. Das hat ihm auch seine Gesprächsparnter gesagt. "Ähm, denkst du ein Junge opfert sein Geld, wenn dann nichts passieren soll?"

 

Das Konzept der Friendzone, zumindest so wie es verwendet wird, impliziert, dass eine Freundschaft, die nicht zu einer Beziehung führt, umsonst und wertlos ist.

Eine Freundschaft zwischen einem Mann und eine Frau existiert nur, damit sie später zu einer Beziehung wird. Wenn es nicht der Fall ist, war die ganze Zeit, die gemeinsam verbracht wurde, Verschwendung. Also ist Freundschaft an sich nichts wert, weil sie nur eine "Etappe" bis zu einem bestimmten Ziel ist oder, wenn es nicht klappt, ein Trostpreis. 

Im Endeffekt ist eine Frau nur etwas Wert, wenn man mit ihr zusammen ist. 

 

Es wird auch immer nur das Leid der Person beachtet, die gefriendzoned wurde. Klar ist es schmerzhaft, aber man ignoriert die Person, die erfährt, dass ihre Freundschaft nicht wirklich eine war. 

Aber sie erfährt es auch nicht immer, da oft nichts gesagt wird. 

Ist man ein Opfer, wenn die andere Person nichts anderes tut, als Nein zu sagen und zu entscheiden, mit wem sie zusammen sein will und mit wem nicht, was ihr Recht ist?

 

Es gibt auch diese super nervigen Leute, die meinen "versuche es doch! er ist voll nett und so und behandelt dich gut", als sei der Wunsch des Mannes wichtiger als das Nichtinteresse der Frau und als ob nett zu sein reichen würde. Nett zu sein ist das mindeste; echt traurig, wenn Leute denken, man müsste jetzt nette Menschen belohnen als sei es etwas Unglaubliches (bzw. auf diese Weise belohnen, denn natürlich kann man sich für die Nettigkeit anderer bedanken).

 

Was in manchen Situationen passieren kann, ist dass wenn die Beziehung einer Frau kaputt geht, sie dann aufgrund dieser ganzen Denkweisen zu hören bekommt, dass sie selbst daran schuld sei, weil sie ja alle netten Jungs ignoriert hätte und dass es jetzt ihre Strafe wäre.

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