kognitive Verzerrungen

Jeden Tag nehmen wir unglaublich vieles wahr und verarbeiten es; wir gehen bei diesen ganzen Informationen aber nicht unter, weil der größte Teil unserer Informationsverarbeitung (= Kognition) unbewusste, routinisierte Prozesse ausmacht.

 

Diese kognitiven Abkürzungen, die wir Heuristiken nennen, sorgen dafür, dass wir zurecht kommen, ohne dass wir unser Gehirn überlasten: Wir müssen nicht über alles neu nachdenken (z.B. wie man Sätze schreibt - sodass wir uns auf anderes konzentrieren können).

Aber das ist eben ein Problem, wenn es um eine wichtige Frage, Diskussion oder Entscheidung geht: Wir denken nicht nach und bemerken auch nicht, dass wir es nicht tun.

 

Unsere kognitiven Verzerrungen können dazu führen, dass wir uns selbst täuschen und komplett falsche Schlüsse ziehen oder dass wir meinen objektiv zu sein, obwohl dem überhaupt nicht ist.

Dass wir automatisiert Informationen verarbeiten, kann ein Grund sein, weshalb wir davon ausgehen, dass unser Ergebnis stimmt, weil wir erst gar nicht darauf gekommen sind, ihn zu hinterfragen.


Ein paar Beispiele...

  • Andorra-Effekt: "[Der Andorra-Effekt] besagt, dass sich Menschen oft an die Beurteilungen und Einschätzungen durch die Gesellschaft anpassen und dies unabhängig davon, ob diese ursprünglich korrekt gewesen sind oder nicht." (Wikipedia-Definition)

  • Ankerheuristik:
  • Attributionsfehler: Wenn wir das Verhalten einer Person in einer bestimmten Situation erklären wollen, denken wir anders, als wenn wir unser eigenes Verhalten in der gleichen Situation erklären möchten. Bei uns selber sehen wir äußere Einflüsse stärker als Grund für unser Verhalten, bei einer anderen Person stärker die Charaktereigenschaften der Person. 
    Zum Beispiel: "Ich treibe keinen Sport, weil ich keine Zeit habe. Du treibst keinen Sport, weil du faul bist." oder "Ich bin gestern ausgerutscht, weil der Weg rutschig war, du bist gerade hingefallen, weil du ungeschickt bist".
  • Barnum-Effekt: Wir meinen, dass bestimmte Beschreibungen unserer Persönlichkeitsmerkmale sehr zutreffend sind, obwohl es sich um vage und allgemeingültige Beschreibungen handelt. Das beste Beispiel dafür sind wohl Horoskope.
  • Bestätigungsfehler: Unser Gehirn neigt dazu, Vorannahmen zu bestätigen. Wir nehmen Informationen auf, verarbeiten sie und interpretieren sie so, dass sie die eigenen Erwartungen bestätigen. Informationen, die sie widerlegen, werden ausgeblendet oder schneller vergessen. Was sie alles bestätigt, erscheint stark und was ihr widersprecht, wird abgeschwächt oder ganz ignoriert. Wir hören lieber die Meinungen, die uns Recht geben als die, die uns widersprechen. Jemand, der davon überzeugt ist, dass Flüchtlinge kriminell sind, wird vorallem auf Nachrichten achten, die diese Annahme bestätigen.

    Wenn wir unkritisch sind, werden wir stets finden, was wir suchen: Wir werden nach  Bestätigungen Ausschau halten und sie finden, und wir werden über alles, was unseren Lielingstheorien gefährlich werden könnte, hinwegsehen.- Karl R. Popper
  • Emotionales Schlussfolgern: Das ist die Neigung, eine empfundene Emotion als Beweis für eine Annahme zu betrachten: "Ich fühle mich schuldig, also habe ich Schuld".
  • Bias-blind-spot: Wenn jemand dazu tendiert, sich für unbeeinflusst zu halten.
  • Framing-Effekt:
  • Rhyme-as-reason: Das ist, wenn Aussagen als eher wahr betrachtet werden, wenn sie sich reimen. "Was Nüchternheit versteckt, wird durch Alkohol augedeckt."
  • IKEA-Effekt: Er gibt dem Menschen das Gefühl, dass das, was er selbst erstellt hat, mehr Wert ist als das, was er nicht selbst gemacht hat, selbst wenn letzteres besser ist.
  • Gender-Bias: Das ist die Neigung, generische als spezifische Maskulina zu lesen oder Rollenklischees entsprechende Vermutungen anzustellen.
  • Gerechte-Welt-Glaube: Das ist die Erwartung, dass es in der Welt grundsätzlich gerecht zugeht und dass Menschen im Leben das bekommen, was sie verdient haben.
  • Prävalenzfehler: Bei bedingten Wahrscheinlichkeiten, wo die Wahrscheinlichkeit von Y von der Wahrscheinlichleit von X abhängt, sind wir schlecht darin, die Wahrscheinlichkeit von X zu verarbeiten.
  • Rückschaufehler: Nachdem ein Ereignis eingetreten ist, meinen wir, dass wir das Ereignis als wahrscheinlicher eingeschätzt haben als wir es tatsächlich eingeschätzt haben.
  • Selektive Wahrnehmung: Wir nehmen Informationen aus unserer Umwelt nicht gleichmäßig wahr, sondern selektiv, und zwar aufgrund vorheriger Beeinflussungen und Erwartungshaltungen.
  • Spielerfehlschluss: Es ist ein logischer Fehlschluss, dem die falsche Vorstellung zugrunde liegt, ein zufälliges Ereignis werde wahrscheinlicher, wenn es längere Zeit nicht eingetreten ist oder unwahrscheinlicher, wenn es kürzlich / gehäuft eingetreten ist.
  • Truthahn-Illusion: Überraschende "Trendbrüche" sind vorhersehbar, wenn man die Ursachen bzw. die Rahmenbedingungen für diesen Trend kennt. Bis zu seiner Schlachtung wird der Truthahn jeden Tag gefüttert und umsorgt. Nun ist ausgerechnet am Abend vor seinem Tod die Wahrscheinlichkeit, dass er am nächsten Tag auch wieder gefüttert und umsorgt wird, aus der Sicht des Truthahns am größten. Denn mit jeder Fütterung stieg seine Gewissheit bzw. sein Vertrauen darauf, dass ihm nichts passiert. Und trotzdem kommt am Tag vor Thanksgiving der Mann, der ihn so lange umsorgt hat, nicht mit dem Futter, sondern mit dem Messer.

Es gibt viel, viel, viel mehr! Aber ich kann nicht alles aufzählen. Ich wollte mit diesem Text zeigen, dass man in Diskussionen nicht immer objektiv ist, auch wenn man es glaubt.

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