Ich habe eine Liste gemacht, worüber ich alles noch Texte schreiben will und dieses Unterthema hatte ich schon lange vor zu schreiben. Das weiß ich, weil ich in den Sommerferien 2016 in ein Museum über Ernährung war und dort dieses Bild gemacht habe:
❝Leiden und Tötung eines Tieres waren den Essern nie gleichgültig. Des Schuldgefühls konnten sie sich nur entledigen, indem sie das Schlachten Fachleuten überliessen und somit die Verbindung von Fleisch und lebendigem Tier lösten. Auch wird das Fleisch so geschnitten, dass kein Fleischstück mehr an das Tier erinnert. Zudem enthält es einen anderen Namen als der Körperteil des Tieres, von dem es stammt.❞
Meiner Ansicht nach, ist tierische Produkte essen (zu wollen) Selbstbetrug. Als ich das gemerkt habe, habe ich damit angefangen, mich über Veganismus zu informieren. Da ist mir einfach aufgefallen, dass ich nicht ehrlich zu mir selbst bin, wenn ich einerseits diese Sache tue, aber auch diese Sache weiß / denke. Das ist einfach nicht kompatibel.
Ich urteile nicht über Fleischesser, weil sie sich meiner Meinung nach selbstbelügen, weil das für mich etwas vollkommen Normales ist. Es hängt mir der Gesellschaft zusammen, es hängt mit der Werbung zusammen, es hängt mit dem Kommodifizieren der Tiere,... die Fleischindustrie tut alles, damit der Konsument vergisst, dass eine Wurst kein Objekt wie jeder andere ist, sondern Teil eines toten Lebewesens. Die Form des Produkts, der Name, das Logo, das Packaging, die Werbung,...
Im Titel steht "kognitive Dissonanz". Tatsächlich wissen nicht viele, was das ist, deshalb werde ich es so simpel wie möglich erklären. Das muss meiner Meinung nach jeder Psychologie-Interessierte kennen. ツ
Wir haben alle Kognitionen. Eine Idee oder eine Überzeugung ist eine Kognition – zum Beispiel: "Trauben sind lecker" oder "die Erde dreht sich um die Sonne".
Die meiste Zeit ist es kein Problem, verschiedene Kognitionen zu haben. Trauben lecker zu finden ist kompatibel mit der Vorstellung, dass die Erde um die Sonne kreist. Es ist allerdings schwieriger, wenn du Trauben essen willst, weil du sie lecker findest, dir aber bewusst ist, dass diese Trauben unerreichbar sind. Da gibt es ein Problem und das nennt man kognitive Dissonanz.
Fleisch zu essen ist ein sehr gutes Beispiel für kognitive Dissonanz, da es eine Inkompatibilität zwischen zwei Überzeugungen zeugt. Die erste ist "ich will nicht, dass Tiere leiden" und die zweite "ich liebe Fleisch". Man kann auch sagen, dass das Fleisch essen eine Inkompatibilität zwischen einer Kognition ("ich will nicht, dass Tiere leiden") und einem Verhalten (z.B. einen Cheese Burger bei McDonald's zu kaufen) kreiert.
Nur mag unser Gehirn keine kognitive Dissonanz, so neigt er dazu irgendeine Lösung zu suchen, um Kohärenz zu schaffen. In diesem Beispiel gibt es drei Strategien:
1) Sein Verhalten seinen Wertvorstellungen/Überzeugungen/Ideen anpassen. Man kann statt einen Cheese Burger einen Veggie Burger essen. Aber auch wenn diese Lösung in der Theorie einfach zu sein scheint, ist es in der Praktik nicht so.
2) Da die meisten Menschen Veränderungen refraktär gegenüber sind, werden sie auf ihre Kognition "ich will nicht, dass Tiere leiden" zurückgreifen. Sie werden sich einreden, dass die Tiere gar nicht leiden und dass sie sogar gar keinen Problem damit haben, dass
wir ihr Fleisch essen. "Tiere sind zum Essen da", heißt es schließlich.
Aber in den meisten Fällen wird die dritte Option angewendet:
3) Man versucht weitere Kognitionen hinzufügen, damit unser Handeln uns weniger schlimm vorkommt. Zum Beispiel: "die meisten Menschen essen Fleisch, was soll daran also falsch sein?", "der Löwe frisst Antilopen" oder "Veg* sind krank, sie haben Mangelerscheinungen! So will ich nicht sein!". In anderen Worten ist es normal ("die meisten essen Fleisch"), natürlich ("der Löwe frisst Antilopen") und notwendig ("Veg* sind alle krank!"), Fleisch zu essen.
Jo, nur seit wann ist Normalität Kriterium für gut/schlecht? Das selbe für Natürlichkeit – und was hast du mit einem Löwen gemeinsam, hm? Ah, du gehst auf Antilopen-Jagd und machst auch sonst alles, was der Löwe tut? Nein, das glaube ich nicht. Noch nie was von der Academy of Nutrtion and Dietetics (70.000 Ernährungsberater, Forscher, Mediziner) gehört?