Viele Veganer-innen, die sich aktiv für Tierrechte einsetzt, haben schon mal gehört, dasssie radiakl seien und es schien nicht positiv zu sein. Fakt ist jedoch, dass es Veganer-innen gibt, die sich selbst als radikal bezeichnen, aus ihrer Sicht ist es also nichts Negatives.
Radikal zu sein ist auch nicht zwangsläufig etwas Schlechtes, es kommt auf dem Kontext an.
Wir sind (hoffentlich) alle radikal gegen etwas.
Aufgrund der Aktualität verbinden wahrscheinlich viele "Radikalismus" und "Radikalisierung" mit 'Terrorismus" und somit Angst.
"Extremismus" wird ebenfalls damit verbunden. Aber was bedeutet dieses Wort? "Extrem" kommt von "extremus" und bedeutet (der, die, das) Äußerste.
Wenn du ein·e Pazifist·in bist und denkst, mehr Pazifismus würde nicht gehen, dann bist ein·e Extremist·in.
Kann man aber extremer Pazifismus auch schlecht finden: Heißt es, dass du gegen Notwehr bist?
Wenn du extremistisch bist, bist du zwar radikal, aber wenn du radikal bist, bist du nicht automatisch extremistisch.
Wenn Veganer·innen sagen, sie seien radikal, dann beziehen sie sich auf den Abolitionismus (ich weiß, ich hatte schon mal gesagt, dass ich darüber schreiben werde, aber ich bin noch nicht dazu
gekommen).
Synonyme von Abolition sind Niederschlagung, Abschaffung, Aufhebung,... Meistens wird es beim Thema Sklaverei oder Prostitution verwendet, aber auch beim Thema Tierrechte.
Wenn du in diesem Kontext Abolitionist·in bist, heißt es, dass du die Tierausnutzung abschaffen möchtest.
Das Wort "radikal" kommt aus dem lateinischen "radix" und bedeutet Wurzel.
Kennt ihr den Begriff "Radikalfeminismus" (Radfem)? Das sind Leute, die der Ansicht sind, dass wenn man das Problem "Sexismus" mit der Wurzel ausreißen will, dann muss man es – logischerweise – an der Wurzel packen.
Übertragen auf Veganismus bedeutet das, dass wenn du möchtest, dass Menschen aufhören tierische Produkte zu konsumieren und somit Tierleid unterstützen, dann muss unser Bezug zu den Tieren hinterfragt werden; das heißt, dass man die Menschen auf den Speziesismus unserer Gesellschaft aufmerksam machen muss.
› Wieso bist du ein Mörder, wenn du einen Menschen tötest, unmenschlich, wenn es eine Katze ist und warum bekommst du Geld, wenn es ein Schwein
ist?
› Wieso tun wir in Versuchslaboren Tieren genau das an, was wir Menschen eben nicht antun wollen?
› Wenn die Menschen verstehen, dass es zwischen einem Hund und einem Schwein keinen fundamentalischen, moralischen Unterschied gibt, wieso sollen sie dann
weiterhin Schweinefleisch essen, sich aber immer noch vor Hundefleisch ekeln?
Mit dem Adjektiv "radikal" ist jedoch meistens "ohne Ausnahme", "ohne Nuancen" gemeint. Das kann für manche Negativ klingen, weil sie es mit Schwarzweißdenken assoziieren. Und das ist nicht so ganz falsch. Aber die nächste Frage ist, ist das schlimm?
Wenn du sagst « ich finde, Vegetarismus ist nur akzeptabel, wenn es als Übergang zum Veganismus verwendet wird, weil Vegetarismus an sich etwas Schlechtes ist, da man weiterhin bewusst an unnötiger Tierausbeutung teilnimmt », ist es radikal und Schwarzweißdenken, da man sagt, dass man entweder Tierausbeuter·in ist, oder man ist es nicht. Ist diese Aussage aber schlimm? Ist diese Aussage falsch?
Verbunden mit Abolitionismus (denn der Radikalismus bezieht sich, wie gesagt, meistens darauf) heißt es, dass du ohne Wenn und Aber gegen Tierausnutzung bist. Für dich gibt es keine Ausnahmen. Genau so wie du finden könntest, dass es keine Ausnahme für Sklaverei, Vergewaltigungen, Homophobie, Mobbing, etc. geben sollte.
○○○
Eine Freundin von mir hat eine bestimmte Ansichtsweise, wofür sie oft als zu extrem oder zu radikal bezeichnet wurde. Nennen wir sie Manuela.
Sie sagt, dass sie nicht mit Leuten zusammen essen will, die Fleisch essen.
Das wird meistens als eine Art interpretiert, zu zeigen, dass sie sich "für etwas Besseres" hält. Sie meint, dass die Leute, die es nicht verstehen, nicht den selben Bezug zu Tieren haben wie
sie.
Für Manuela gibt es nämlich keinen fundamentalischen Unterschied zwischen den Menschen und den nicht-menschlichen Tieren und auch keine Hierarchie allgemein, das heißt auch nicht unter den Menschen.
Es gäbe nur eine Hierarchie, wenn es um ihre Emotionen geht: Lebewesen, die sie mag, zählen für sie mehr als Lebewesen, die sie nicht mag.
Wenn sie jemand zum Essen einlädt, sagt sie, "Okay! Aber hör zu: Ich bin Veganerin. Das heißt, ich esse dies und das nicht. Es würde mich freuen, wenn wir es so ausmachen, dass wir vegan essen / in ein veganes Restaurant gehen". Laut ihr soll es selten sein, dass Leute nicht damit einverstanden sind.
Sie meint aber auch, dass es vorkommen kann, dass sie doch mit einer Person isst, die gleichzeitig Nichtveganes isst, wenn sich im letzten Moment herausgestellt hat, dass etwas Nichtveganes verwendet wurde und die Person das nicht !it Absicht gemacht hat.
Für sie ist es keine Zurückweisung (sie bricht nicht den Kontakt ab), sondern eine Affirmation. Das ist das Zu-seiner-meinung-und-seinen-Einstellungen-stehen.
Da Tiere keine Stimme haben und sich nicht selbst ausdrücken können, müssen das die Menschen für sie machen.
Wenn sie das nicht macht, weiß Manuela nicht, wer das denn sonst machen soll.
Aus ihrer Sicht ist das Essen mit einer Person, die Fleisch isst und es egal finden, Speziesismus – genau so wie wenn jemand eine Frau schlagen würde und man es egal findet, dann ist man selber misogyn.
Zu sehen, wie andere ohne Bedenken tierische Produkte essen, tut ihr Leid und sie versteht nicht, wieso es genau an dem Tag, wo sie da ist, so wichtig sein sollte, dass sie welche essen, obwohl sie es genau so das ganze Jahr machen können.
Laut Manuela dürfen Menschen ignorant sein, aber sie dürfen nicht ignorieren.
Und sie kann Menschen nuht verstehen, die mehrere Jahre brauchen, um vegan zu werden, obwohl sie seit Anfang an wussten, dass es das Richtige ist und sie nichts dran gehindert haben (z.B. Eltern,
Essstörung, etc.).
Wenn es im etwas geht, das nur einen selbst betrifft, dann findet sie das nicht schlimm, wenn man kanbge braucht, un sich zu ändern; aber wenn sie weiß, dass sie anderen schadet, dann möchte sie direkt damit aufhören.
Zu anderen Vegan-Aktivist·innen sagt Manuela nicht, dass sie alle radikal sein müssen, weil es unterschiedliche Persönlichkeiten gibt und damit die Message bei allen ankommt, muss es unterschiedliche Diskurs geben.
Sie selbst bleibt aber radikal, da genau so wie sie Rassist·inn·en, Sexist·inn·en, etc. nicht bequem machen will, so möchte sie auch nicht Menschen beim Esser tierisches Produkte bequem machen.
Für sie (und für mich auch) ist der Veganismus ein politisches Engagement, das die Abolition jeglicher Form von Tierausnutzung als Ziel hat und nicht etwas für die persönliche Entfaltung, also nicht etwas, was man in seiner Ecke macht.
Sie hat keine Angst zu sagen, dass sie radikal ist, auch wenn sie damit riskiert, als Extremistin oder Fanatikerin abgestempelt zu werden, weil sie nicht dafür verantwortlich ist, was andere in ihre Worte reininterpretieren und wenn Leute Wörter verwenden, dessen Definition sie nicht kennen.
Für sie ist es nicht das einzige Mal, dass sie merkt, dass Menschen Wörter verwenden, die sie nicht kennen, zum Beispiel, wenn ihr vorgeworfen wird rassistisch gegenüber Fleischesser·innen zu sein – ich denke, ich brauche keinen Absatz, um die Absurdität dieser Aussage zu erläutern – und dogmatisch zu sein.
Dogmatisch ist man, wenn man unkritisch und unreflektiert ist. Ich denke, dass die allermeisten Veganer·innen heute es nicht seit ihrer Geburt waren. Das bedeutet, dass sie sich irgendwann im Laufe ihres Lebens geändert haben. Also haben sie ihre Meinung bezüglich Dingen, die ihnen beigebracht wurde, geändert.
Veganismus ist nichts für engstirnige, verschlossene Leute, die keine Fehler einsehen und Normen hinterfragen können. Dogmatismus ist man zum Beispiel, wenn man seine Taten mit "das hat man schon immer so getan" rechtfertigt. Kann man auch Konservatismus nennen.
Ich persönlich finde nicht, dass sie übertreibt, ich finde diese Einstellung genau die richtige, auch wenn mir bewusst ist, dass sie nicht für alle einfach ist, zum Beispiel für schüchterne Leute, die Schwierigkeiten damit haben, sich durchzusetzen oder die Angst haben, dass ihnen Gewalt angedroht wird.
¯\_(ツ)_/¯
Aber es gibt schon Vegan-Aktivist·innen oder Organisationen, die Aktionen gemacht haben, die ich zu übertrieben und ganz einfach nicht in Ordnung finde.
Ich nehme als Beispiel eine Organisation und einen Aktivisten:
– PETA (People for the Ethical Treatement of
Animals):
Ich denke, dass die meisten diese Organisation kennen. Vieles kann man gut an ihr finden, aber auch vieles schlecht, darunter dieses Video:
– Gary Yourofsky:
Er ist bestimmt einer der bekanntesten Vegan-Aktivisten und mit Sicherheit haben manche von euch schon sein Video "eine lebensverändernde Rede"
gesehen.
Auch hier könnte man mehrere schlechte Aspekte aufzählen, aber ich konzentriere mich auf einen.
In einem Video, das ich gesehen habe, meinte er, dass Speziesismus die Wurzel des Hasses auf der Welt sei, dass es sogar den Weltfrieden gäbe, würden alle vegan werden und alle Diskriminierungen
zwischen den Menschen würden verschwinden.
Das klingt schön, aber das ist vollkommen absurd.
Was ist der Zusammenhang zwischen vegan werden und Schwule tolerieren?
Rassismus und Sexismus sind Strukturen, die erst durchgebrochen werden können, indem man sie hinterfragt hat und sich mit ihnen auseinander gesetzt hat.
Man kann nicht auf einmal, von einem Tag auf den anderen, nicht mehr rassistisch / sexistisch / etc. sein. Diese riesigen Zusammenhänge zu erkennen (die nun mal nichts mit Veganismus zu tun
haben), sein eigenes Verhalten zu reflektieren (was man bei jeder strukturellen Diskriminierung einzel machen muss), aus alten Mustern auszubrechen und problematische Ideologien aus seinem Kopf
zu verbannen, ist ein jahrelanger Prozess, selbst Anti-Rassist·inn·en und Feminist·inn·en sind nicht perfekt.
Und wenn man sich in einem Umfeld befindet, in denen eine solche Denkweise weiterhin vorgelebt wird, ist das echt schwierig. Man muss einen Großteil von dem, was man lange für die Wahrheit
gehalten hat, ablernen.
Wahrscheinlich wurden diese Wörter, also "Rassismus" und "Sexismus", mit Hass oder Bösartigkeit verwechselt. Das schlicht und einfach falsch.
Werden diese ganzen sexistischen Wattpad-Bücher aus Hass geschrieben? Die meisten Rassist·inn·en wissen nicht, dass sie es sind.
Wieso solltest du überhaupt durch das Veganwerden weniger hasserfüllt gegenüber Menschen(gruppen) werden? Auch wenn sie eine Minderheit sind, Veganer·innen, die die AfD gut finden, EXISTIEREN.
Wieso soll die Gleichberechtigung (≈ Gerechtigkeit) zwischen die Spezien die Diskriminierungen innerhalb einer von ihnen verschwinden lassen? Das ist genau so wie wenn man sagen würde, dass Gleichberechtigung (≈ Gerechtigkeit) zwischen den Geschlechtern Diskriminierungen zwischen schwarze und weiße Frauen auslöschen würde! [Menschen, die sowas behaupten, gibt's aber wirklich. Sie sind aber ein großer Teil des Problems.]
Rassistische und sexistische Veganer·innen existieren.
Das beste Beispiel ist Gary Yourofsky selbst. Es hat sich mehrmals rassisitisch und misogyn geäußert und sich niemals dafür entschuldigt, weil er sich hinter der Tatsache versteckt, dass er sich
selbst als misanthrop bezeichnet.
Diese Sätze sind von ihm und das ist nur ein einziges Beispiel: "Every woman ensconced in fur should endure a rape so vicious that it scars them forever. While
every man entrenched in fur should suffer an anal raping so horriffic that they become disemboweled."
Wieso zeigt man auf einer Unterdrückung, indem man selbst zum Unterdrücker wird?