Beim Thema Reiten sind sich nicht alle Veganer-innen einig, was daran liegt, dass manche eine welfaristische und andere eine abolitionistische Sicht haben. Den genauen Unterschied zwischen dem Welfarismus und dem Abolitionismus werde ich ein anderes Mal genauer erklären, aber hier eine kurze Erklärung:
Vegane Welfarist-inn-en sind der Meinung, dass man nicht-menschlichen Tieren einen Nutzen (für den Menschen) geben darf, solange es ihnen "gut geht". Was "gut geht" bedeutet, definiert jeder anders; so haben alle eine anderen Meinung, wo die Grenze ist (weil man die Tiere nicht fragen kann). Vegane Abolitionist-inn-en sind radikal gegen jede Form von Tierausnutzung.
Welfaristische Veganer-innen können zum Beispiel meinen:
Vegane Wunderwelt (YouTuberin; ich zitiere aus dem Video "FAQ II - (Vegane Familie, Reitsport, Faire Kleidung,...)" von 3:48 bis 5:16):
❝Ich halte [vom Reitsport] überhaupt nichts. Ganz schlimm finde ich Dessurreiten, Voltigieren, ... weil das Tier für kein Sportgerät is, auf dem man herumturnen kann; [...]. Ich finde, wenn man ein Pferd hat und es ausreitet - durch den Wald und solche Sachen -, das finde ich wunderschön. Ich glaube das macht dem Pferd Spaß und das braucht es auch. Aer es braucht nicht in einer Halle zu laufen und Turnmädchen auf sich herumtragen. Ich glaube, dass die Mädchen, die das machen, einen großen Bezug zu den Tieren hbaen und die Tiere sehr, sehr lieb haben [...], aber ich denke nicht, dass es die Aufgabe vom Pferd ist, dafür zu dienen. Das gleiche gilt für das Springreiten. Finde ich auch einfach unfassbar, was man manchmal im Fernsehen sieht, über was für Hindernisse die Pferde springen müssen. Ich kann's auch nicht anschauen, weil ich das wirklich brutal finde [und nicht nur das, was] während des Turniers passiert, sondern ringsherum: Sie werden gespritzt, sie werden nach was weiß ich am Ende der Welt geflogen [...] und das ist ein unglaublicher Stress für die Tiere. Es kann mir keiner sagen, dass das Tier sich dabei wohlfühlt und es auch machen möchte. Das glaube ich nicht. Wie gesagt, wenn man es als Hobby betreibt und [ein Pferd] auf dem Reiterhof hat und es [...] ausreitet, finde ich das sehr schön. [...] wer bei einem Wettbewerb auf dem Reiterhof mitmacht, finde ich das auch nicht schlimm, aber [Turnierreiten], davon halte ich nichts.❞
Abolitionistische Sicht:
Es ist kein Zeichen von Respekt, sich auf dem Rücken eines anderen zu setzen und ihm zu befehlen, wann er nach links und wann nach rechts abbiegen muss, wann er anhalten und wann er wieder laufen muss,... kurz gesagt: ihn zu kontrollieren, als handele es sich um eine Maschine. Es wird erwartet und als selbstverständlich gesehen, dass es gehorcht und wenn es sich weigert, ist der/die Reiter-in nicht zufrieden. Dann wundern sich alle, was mit dem Pferd los ist.
Es hat nichts mit Vertrauen zu tun, wenn man sich dem Rücken eines anderen Individuum setzt, der es nie toleriert hätte, hätte man ihn nicht dafür konditioniert.
Man kann nicht behaupten, jemanden zu respektieren, wenn man es normal findet, ihm einen Metallstab in den Mund zu legen, um ihn nach Lust und Laune kontrollieren zu können.
Wenn man sagt, "Ja, aber es ist Geben und Nehmen. Ich kümmere mich um ihn, also kann er sich ja von mir bereiten lassen!", dann weiß das Tier nichts von dem Tausch.
Stell dir vor, du müsstest jedes Mal, wenn du mit einem/einer Freund-in rausgehst, seinen Rucksack tragen - von einem Tausch bist du dir nicht bewusst. Egal, ob du den Rucksack leicht oder schwer findest, irgendwann würdest du dich weigern und sagen, dass es mega respektlos ist, selbst wenn du diese Person gerne hast. Und dabei wird nicht mal dein Gehen kontrolliert.
Ein wichtiger Punkt: Das Reiten unterstützt die Denkweise, dass es moralisch akzeptabel wäre, über empfindungsfähige Lebewesen zu verfügen, wie und wann wir Menschen Bock haben. Bestimmt lieben viele Reiter-innen ihren Einhufer, doch unser Verhältnis zu den nicht-menschlichen Tieren muss überdacht werden.
Es gibt aber eben einen Unterschied zwischen lieben und respektieren. Das ist wie wenn eine Frau alles im Haushalt macht und nie Hilfe von ihrem Mann oder ihren Kindern bekommt. Der Mann und die Kinder können behaupten, dass sie die Frau lieben, aber es ist trotzdem mega respektlos. Es ist keine Frage von Liebe, sondern von Respekt und Gerechtigkeit. Jemanden zu respektieren heißt unter anderem ihn zu lassen, das mit ihm selber zu tun, was er will, so viel es nur geht. Pferde, Ponys und Esel müssen nicht geritten werden, um gesund zu sein, sie sind auch nicht "dafür gemacht". Sie sind nicht auf der Welt, um uns zu dienen, unterhalten oder zu transportieren. In diesem Sinne sollte das Reiten, sowie alle anderen Arten von Dominanz abgeschafft werden (Abolitionismus halt).
Das gleiche gilt selbstverständlich auch für Pferderennen und andere Wettbewerbe, wo die Tiere wie Sportgeräte für Geld, Unterhaltung und persönlichen Erfolg benutzt werden. Manche Reiter lassen ihre Pferde einschläfern, wenn sie sich dort stark verletzten, weil sie eben keinen Nutzen mehr haben. Viele hinterfragen das Reiten nicht, weil sie seit ihrer Kindheit dieses Bild von Pferde haben, die geritten werden. Sie haben es normalisiert und so denken manche, dass Pferde sogar unglücklich wären, wenn sie nicht geritten werden, weil sie ja "dafür gemacht" sind (finde theologische Argumente in solchen Diskussionen übrigens sehr schlecht). Die Leute sehen ihren persönlichen Vorteil/Nutzen und denken, dass es die Pferde nicht stört, obwohl es nur Konditionierung ist. Das Reiten an sich ist nicht unbedingt im wahrsten Sinne des Wortes Tierquälerei, aber es ist nicht das beste Leben für sie, vorallem wenn sie in Boxen eingesperrt werden, mit Gebiss geritten werden, Rückenschmerzen bekommen... Es ist eine Form von Sklaverei, Respektlosigkeit, Dominanz und Speziesismus. Ein Pferd ist kein Transportmittel / Maschine, die uns Menschen gehorchen muss, sondern ein empfindungsfähiges Lebewesen mit eigenen Interessen, eigenen Vorlieben, eigene Wünsche und einem eigenen Willen. Pferde zu dressieren, verbieten zu rebellieren, sich auf sie zu setzen, um sie zu zwingen zu gehorchen, sind Zeichen von Dominanz und nicht von Respekt.
"Darf ich mich denn um kein Pferd kümmern?"
Doch. Die Bedingungen sind:
"Ein Pferd muss sich bewegen."
Ja, um sich zu bewegen braucht man aber nicht geritten zu werden. Sowie bei Hunden kann man regelmäßig mit ihnen spazieren gehen. Ihr müsst aber bei der Haftpflichtversicherung nachfragen, was sie von euch dann verlangt, damit sie eingreift, falls irgendwas passiert.
"Man kann auch auf Elefanten reiten, wie ist es da???"
Ich verlinke mal diesen Artikel.
Update, 17.03.2018: Ich weiß, dass es auch das Argument gibt, dass das Reiten den Pferden körperlichen Schaden an der Wirbelsäule zufügt, weil sie keine Schlüsselbeine haben. Allerdings muss ich sagen, dass ich mich da (noch) nicht genug auskenne, um es beschreiben zu können. Da müsste ich mich erstmal damit auseinandersetzen. Aber ich schreibe es dazu, damit ihr's in Kenntnis nehmen könnt.
Ich danke Goldika für ihre Hilfe.♘
Ihr Kommentar am 7.12.2017, den ich fairerweise auch kopieren muss: |
Gerne, trotzdem möchte ich nochmals klarstellen, dass meine Meinung in vielen Punkten eine ganz andere ist :) |