warum ich nicht mehr über Veganismus geschrieben habe

OKAY. Ursprünglich wollte ich über etwas anderes schreiben. Hab damit angefangen, zu formulieren, wie ich überhaupt auf die Thematik gekommen bin, ist jedoch eindeutig zu lang geworden. Die Frage war, ob ich's verwerfe oder verkürze. Hab mich erst für die zweite Möglichkeit entschieden, mir dann aber gedacht, ich mach einfach zwei Texte draus; der zweite ist einfach am Ende verlinkt. Der erste ist aber nicht super detailiert, also wenn man bestimmte Aussagen nicht versteht, kann man mich fragen.

 

Über meine alten Veganismus-Texte... sie sind überwiegend Anfangs 2016 geschrieben worden, ein paar Ende 2016 und wenige 2017. Hab sie mir nicht alle wieder durchgelesen, überarbeitet erst recht nicht, was ich vorhatte, braucht aber mehr Zeit als es aussieht und es sieht schon so aus, als nähme es viel Zeit in Anspruch. Sowieso haben andere Dinge Vorrang.

Finde sie nicht grundlegend falsch, dennoch würde ich heute manche Ausdrücke sicherlich nicht mehr verwenden. Genau so finde ich manche Argumente nicht mehr so toll (enttäuschend, wie mir das niemand sagen konnte; immerhin 20k Views (um die 50 Texte)). Und vielleicht könnten sie also durch diesen Texten heuchlerisch wirken.

 

Nicht, dass ich es falsch finde, jedoch würde ich das Ganze heute anders machen. Es bezog sich meist ja auf den praktischen Teil, den kann man sich aber leicht ergoogeln. Es ist also nicht wirklich Eigenes, im Sinne von meine eigene Meinung, die sich durch alltägliche Erfahrungen bestätigt. Es ist irgendwie klar, dass ich mir "zur Hilfe" paar Seiten rausgesucht habe, um das Wichtigste zusammenzufassen (was ich heute vielleicht auch nicht mehr für das Wichtigste halte) und bestimmte Ausdrucksweisen, Vergleiche, nebensächliche Behauptungen und Argumentationsweisen übernommen habe, die nicht durchdacht waren, was meiner Ansicht nach aber völlig normal ist, weil... ich kann unmöglich alles wissen... und hälst du 19 von 20 Dingen für gut, dann womöglich auch das letzte. Wie gesagt, das hätte man mir auch schreiben können... aber nein.

 

Und keine Ahnung, weshalb ich wieder damit anfange, endlos viel Unnötiges zu schreiben. Am besten hör ich jetzt auf, weil ich sonst wieder alle löschen müssen werde.


Vor Kurzem hat auf Twitter ein Hashtag zu einem Video getrendet, das sich in den YouTube-Trends befand und in etwa "Milch ist Gift" hieß. Ich habe das Ganze aber auch nur aus sehr entfernter Sicht beobachtet. Anfangs wollte ich es mir auch gar nicht anschauen, weil ich schon beim Lesen dieses Titels wusste, dass es mir nicht gefallen wird, da ich es für nicht stichhaltig halte, andere mithilfe von gesundheitlichen Argumenten zum Veganismus überzeugen zu wollen (man kann sie vielleicht am Rande erwähnen, aber dann sollte es wirklich klar sein, dass es sich nur um Pluspunkte handelt und nicht um eine Säule des Veganismus). 

Tatsächlich hat Unge - der YouTuber, der das Video hochgeladen hat - in keinem Moment das Wort "vegan" erwähnt, jedoch ist seine Intention, denke ich, ersichtlich, da allgemein bekannt ist, dass er seit mehreren Jahren vegan lebt.

 

Sehr grob zusammengefasst gab es unter dieses Hashtag einmal diejenigen, die sich über die Aussage lustig gemacht haben und durch Memes zeigten, dass sie diese für eine Fehlinformation halten. Und dann gab es diejenigen, die auf der Seite des YouTubers standen und angemerkt haben, dass diese Flüssigkeit für manche eine Religion zu sein scheint. 

Aber sie haben eher versucht, sich für den Veganismus auszusprechen und nicht die eigentliche Aussage des Videos - dass Kanada Milch aus der Ernährungspyramide gestrichen hat - zu verbreiten; was zeigt, dass das wirklich alle so interpretiert haben, wie ich.

 

Über die erste Gruppe will ich nicht reden; ich will allgemein nicht über Antiveganismus reden, sondern über die Veganer-innen der zweiten Gruppe, die mich daran erinnert haben, wie sehr mich der "Mainstream"-Vegan-Aktivismus ankotzt.

 

Dafür gibt es mehrere Gründe (ich nenne jetzt aber nur ein paar). 

 

Zum Einen ist das ist überhaupt nicht die Art, wie ich an das Thema herangehe. Ich bekomme das Gefühl, dass das Ganze als "Lifestyle" dargestellt wird. Als etwas, was man für sich selbst macht (um kein schlechtes Gewissen mehr zu haben, um gesünder zu leben,...). Da wird das Tier irgendwie vergessen. Man benennt sie zwar, aber sie sind nicht in den Mittelpunkt.

Wie gesagt, das ist irgendwie nicht mein Blickwinkel und mir ist es meist viel zu oberflächlich, weil die ganzen philosophischen, ethischen, politischen, etc. Betrachtungsweisen ausgelassen werden. 

 

Ist das schlimm? Ich denke, dass es verschiedene Diskurse geben sollte und vielleicht ist für manche genau das am besten. Wenn dich ein Thema nicht tiefgründig interessiert, dann kann man dich nicht dazu zwingen und man darf sich auch nicht für alles interessieren, solange die Konsequenzen der eigenen Taten niemanden schaden (was mehr oder weniger auf Menschen zutreffen würde, die sich vegan verhalten, aber die sich nicht für die ganze Theorie interessiert haben). 

Aber ich denke das führt wird wiederum dazu, dass nicht wirklich darüber nachgedacht wird, was man in Diskussionen am besten sagen sollte und was nicht. Rein argumentativ finde ich es oft einfach so schwach. Dazu kommen Behauptungen, die ich rein faktisch für falsch halte.

 

 

Beispiele für Sätze, die ich nicht mehr lesen will: 

"Vegan zu sein ist natürlicher als nicht-vegan zu sein", "Menschen sind Pflanzenesser", "wir wurden nicht dafür gemacht, tierische Produkte zu konsumieren", "Albert Einstein hat dies und das gesagt, außerdem war er selbst Vegetarier", "die Tiere, die du isst, sind besonders intelligent", "wenn alle Menschen vegan wären, hätte man die Ressourcen, die ganze Welt zu ernähren", "ich bin seit einem Jahr vegan, habe mir noch nie Gedanken um B12 gemacht", "1 Kilo Fleisch ist gleich 16 Liter virtuelles Wasser", uvm.

 

Auch habe ich das Gefühl, dass manche sich als Veganer-innen bezeichnen, aber eigentlich nicht wissen, was Veganismus alles einschließt. 

Es bezieht sich ja nicht nur auf das Fleisch und auch nicht nur auf das Essen. Es geht auch nicht nur um die Massentierhaltung. Ja, man kann unmöglich in jeder Diskussion alles erwähnen, worauf geachtet werden muss. Aber es ist nicht besonders schwer, erstmal "Fleisch" durch "tierische Produkte" zu ersetzen. Ich fände es so besser, weil der Rest sonst vergessen wird oder weil oft gedacht wird, der Rest sei weniger wichtig.

So denken manche Leute zum Beispiel, man müsse erst damit anfangen, auf Fleisch zu verzichten, bevor man sich um die anderen Produkte Gedanken macht.

 

Wobei ich jetzt auch nicht glaube, dass jemand, der auschließlich von Fleisch redet, wirklich den Unterschied zwischen vegan und vegetarisch nicht verstanden hat. Das wäre... etwas hart. Aber das manche Veganer-innen sich noch nie Gedanken um Zoos, Hunderennen oder das (Ver-)Kaufen von "Haus"tieren gemacht haben und solche Sachen dementsprechend unterstützen, darauf bin ich oft gestoßen.

 

Ein Problem ist vielleicht, dass "Veganer-in" eher Taten beschreibt als Gedanken, sodass man sich als eine-n sehen kann, ohne sich im Kopf darüber bewusst gemacht zu haben, dass Tiere eigenständige Lebewesen sind, die eigene Wünsche, etc. haben. Manchmal musst du weiter denken können als "Tiere sollten für uns Menschen nicht unnötig getötet werden".

 

Veganismus ist nicht 1 zu 1 mit Feminismus vergleichbar (Antispeziesismus auch nicht). 

Da gibt es das mit der Intersektionalität und dem "lasst erstmal Betroffene aussprechen" nicht. Ganz einfach, weil Tiere nicht reden können. 

 

Antispeziesismus geht über den Anthropozentrismus, das ist anders nicht vorstellbar, weil Tiere niemals für ihre eigenen Rechte kämpfen werden, sowie wir Menschen es machen. Wir müssen für sie reden; und das sollten sich manche unbedingt bewusst machen. 

Wir wissen nämlich nicht, was Tiere genau wollen, also denken wir uns nur, "wir würden nicht gerne so behandelt werden, also behandeln wir sie nicht so".

 

Deshalb können manche auch sagen, "also meiner Meinung nach ist Reiten nicht schlimm (mein Pferd liebt das)" oder "für mich gibt es kein Problem, wenn man die Eier der paar Hühner im eigenen Garten essen will (ich nehme auch nie alle, damit sie sich nicht wundern, wo sie verschwunden sind)". Auch: "Wenn man ein Tier kauft, dann leidet es ja nicht (ich kenn die Leute, die sind ganz nett)."

 

Meiner Meinung nach ist das Problem nicht nur die ganz schlimmen Dinge, wo man sich einig ist, dass ihnen Unrecht angetan wird, sondern auch unsere eigene Wahrnehmung über sie und unsere Verhältnisse, weil diese dann vereinfachen, dass die schlimmen Dinge passieren. Wenn weiterhin Hühnereier konsumiert werden, wird die Assoziation zwischen Ei und Huhn nicht gebrochen. Wird sie es aber, so kommt man nicht mehr auf die Idee, Eier von ausgerechnet dieser Vogelart für interessant zu halten.

 

Ich habe auch die fehlende Intersektionalität erwähnt, die mein letzter Hauptpunkt gut beschreibt: 

 

Nichtmenschliche Tiere sind, wie der Begriff schon sagt, keine Menschen, weshalb sich bei ihnen keine Diskriminierungen überschneiden. Eine Woman of Color wird im Laufe ihres Leben dagegen sowohl mit Misogynie als auch mit Rassismus zu tun haben, sowie die Überschneidung dieser zwei Diskriminierungen. Deshalb wiederholen Feminist-inn-en immer wieder, man solle aufpassen, nicht rassistisch zu sein, weil sonst manche vom Feminismus ausgeschlossen werden.

 

Feminist-inn-en sind also daran gewohnt, dass erwartet wird, dass an alle gedacht werden muss und dass man sich als allererstes selbstreflektieren sollte, wird man auf eine von uns reproduzierte Diskriminierung aufmerksam gemacht.

 

Natürlich, die Veganer-innen, mit denen ich im Internet interagiere, interessieren sich auch für Diskriminierung bei Menschen, aber ich habe nicht den Eindruck, dass es auf die Mehrheit zutrifft.

 

Ich werde jetzt keine ganze Liste machen, aber mir fallen zig Sätze ein, die den Veganismus promoten sollen, aber (ich fasse es mal mit diesem Begriff zusammen) diskriminierend gegenüber bestimmte Menschengruppen sind. Ganz besonders scheint Fat Shaming verbreitet zu sein (das sind DEFINTIV keine Einzelfälle mehr), aber nicht nur. Es herrscht unglaublich viel Ignoranz, sodass es schon soweit geht, dass sich einige mit Homosexuellen vergleichen und trotz Erklärung überhaupt nicht nachvollziehen können, wie unpassend der Vergleich ist.

 

Da sind aber selbst Organisationen nicht besser. Ich könnte so viel aufzählen, was mich alleine an PETA aufregt.

 

In anderen Worten:

 

Ich bin seit zwei Jahren vegan, bekomme mittlerweile aber fast den Eindruck, das Thema aufgebraucht zu haben, weil meist so oberflächlich angegangen wird, sodass ich nicht leicht auf neue Gedankenspuren komme und mich selbst nicht mehr bzw. nur schwer erneuern kann.

 

Tatsächlich MUSS man, will man die Message verbreiten, selbstverständlich erscheinende Dinge erklären, wie das Warum Mord, Misshandlung, usw. überhaupt schlimm sind. Ich persönlich kann jedoch, selbst wenn es jemand anderes erledigt, nicht mehr mithalten, weil sich einfach immer alles wiederholt (ähnlich wie wenn man sich ein bestimmtes Lied zu oft angehört hat).

 

Es gibt die gewisse Enttäuschung, was die Mehrheit der Veganer-innen oder auch Organisationen angeht, weil ich mich in ihren Diskursen und ihrer Art zu kommunizieren nicht wiederfinde.

Auch in der Mehrheit der Bücher über das Thema kann ich nicht finden, was ich suche, weil viel relativiert wird, weil viele Dinge nicht beachtet werden (logische Fehlschlüsse, Diskriminierungen beim Menschen,...) und weil es zu sehr auf den Menschen zentriert ist. Letzteres ist bis zu einem gewissen Grad normal, da diese Bücher von und für Menschen geschrieben worden sind, aber es gefällt mir nicht, wenn Tiere quasi schon als Nebengrund dargestellt werden.

 

In einem Buch zum Beispiel, das mir jemand mal gegeben hat, hat die Autorin eine Tabelle erstellt, die zeigte, welche Fischarten am wenigsten gesundheitschädlich sind. 

Da stand wirklich: "Nicht mehr als zwei Mal im Monat essen", "nicht mehr als einmal alle zwei Monaten essen" und manchmal sogar "unbedingt vermeiden", obwohl es um Veganismus ging und darin Wörter wie "Speziesismus" und "Abolitionismus" vorkamen.

Wenn ich sowas sehe, bekomme ich nicht den Eindruck, dass es sich um Lebewesen handelt oder dass sie DER Grund seien, weshalb man vegan werden sollte. 

Dann frag ich, was der Hauptgrund ist. Gesundheit? Man kann nicht rein aus gesundheitlichen Gründen vegan werden, da es sich - ich sag's nochmal - nicht nur auf das Essen bezieht.

 

Man sagt quasi, "hör auf, Tierleid zu unterstützen, denn davon hast du als Mensch (auch) was". Genau wie, "hör auf Frauen zu degradieren, dann hast du als Mann (auch) was". Die Argumentation gibt es hier ja auch. 

Damit meine ich nicht, dass man diese Gründe vergessen sollte, aber dass es nicht DIE Gründe sind und dass sich die Meinung über das Thema nicht ändern sollte, wären diese Gründe weg.

 

Hier kann man wahrscheinlich der Ansicht sein, dass einige Menschen egoistische Gründe brauchen, um damit anzufangen, sich für andere zu interessieren. Aber wieso hört man sowas immer noch UNTER Veganer-inne-n?

 

Teil 2.

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