Dann mach doch die Bluse zu!

Wenn ihr euch daran erinnert, hatte ich mal ein Buch erwähnt, das ich in der Bücherei gefunden hatte und "dann macht doch die Bluse zu!" von Brigitte Kelle hieß.

Anfangs dachte ich, es sei ein ironischer Titel, was dann für ein feministisches Buch passen würde, aber da es nicht nur ein sexistisches, sondern gar ein antifeministisches Buch war, war es wahrscheinlich ernstgemeint. 
Ich habe nicht das ganze Buch gelesen – deshalb kann ich es nicht eindeutig bestätigen, aber dieser Satz oder ähnliche Sätze sind schließlich eine der Reaktionen, die eine Frau bekommt, wenn sie über Sexismus-Themen, wie Belästigung, den Mund aufmacht.

Frauen können ja unterschiedlich mit Sexismus umgehen. Manche werden die Bluse zu machen, andere eben nicht, um zu zeigen, dass sexistische Menschen sie nicht einschränken können. 
Aber die Bluse zu zu machen, und das ist jetzt an die Leute gerichtet, die denken, es sei ein guter Ratschlag, wird Sexismus nicht abschaffen. Oder ist das gar nicht das Ziel dieser Leute?

Wenn eine Frau über Sexismus redet, man ihr sagt, sie solle doch die Bluse zumachen und diesen Ratschlag befolgt, wird sie dadurch auch aufhören, über Sexismus reden?
Nö, da dass Problem immer noch existieren wird.

Alleine, dass sie nicht selbst entscheiden kann, wie sie sich anzieht, zeigt, dass sie nicht vollständig frei ist. 
Es klingt für manche vielleicht nicht so schlimm, es gibt großen keinen Unterschied zwischen zu und auf... Aber die Leute, die so was denken, vergessen, dass viel mehr dazu gehört: panische Angst.

Denn ihr könnt mir nicht erzählen, dass ihr keine einzige weibliche Person kennt, die noch nie einen anderen Weg genommen hat, weil sie nicht an Männern vorbeilaufen wollte.

Warum sie das nicht wollen, hatte ich schon mal irgendwo geschrieben: Verschiedene Faktoren in der Gesellschaft bringen ihnen bei, Angst vor (vorallem fremden, aber nicht nur) Männern zu haben.

Dieser Ratschlag im Titel ist eigentlich genau viel was wert wie "sei einfach kein Opfer!".

Klar, wenn man sagt, "geh nicht in den Treibsand!", dann klingt es vielleicht auch so wie "sei einfach kein Opfer!", aber wenn du dahin gehst, ist die Folge logisch. Der Sand hat kein Verstand, es wird nicht von ihm erwartet, irgendwen zu respektieren.

Was aber nicht logisch sein sollte, ist dass Leute, die du auf der Straße, auf der Arbeit/Schule, an einem Fest, am Strand, in der Nachbarschaft, etc. begegnest, dir etwas antun.

Zu behaupten, Sexismus würde man dadurch abschaffen, dass sich Frauen anders kleiden, ist genau so wie wenn man behaupten würde, es gäbe keine Homophobie mehr, wenn gleichgeschlechtliche Paare sich nicht mehr die Hand vor anderen halten.

Sollte man Frauen wirklich keine Ratschläge geben, wie einen anderen Nachhauseweg zu nehmen oder dass sie keine Getränke von Fremden annehmen sollen?

Diese Frage kann ich nicht mit einem eindeutigen Ja oder Nein antworten. Es kommt darauf an, von wem es kommt, wie es rübergebracht wird und natürlich sind manche Ratschläge sicherlich besser als andere.

Wenn es nicht in einem vorwürfsvollen Ton gesagt wird, ist Selbstverteidigungskurse zu nehmen wahrscheinlich ein besserer Vorschlag als zu meinen, man solle nie ohne seinen Freund raus. Wenn es jedoch von einer antifeminisitischen Person gesagt wird, oder von irgendeiner Person, die sonst doch immer das Thema lächerlich machen will, kann es schlecht ankommen, da es wahrscheinlich wieder nur eine faule Ausrede ist, sich nicht um das Probleme Gedanken zumachen und eine Aet, den Opfern die Schuld zu geben.

Man kann ja Frauen Tipps geben, wie sie mit Situationen umgehen können, die ihre Grenzen überschreiten, aber häufig ist es so, dass wenn sie diese nicht beachten wollen, ihnen gesagt wird, sie sollten sich nicht wundern, wenn ihnen jemand etwas antut. Wieso sollte man sich bitte nicht wundern? Weil es normal ist?

Wie ich aber schon mehrmals meinte, ist es, um Sexismus zu verhindern, nicht effektiv, die Opfer einzuschränken, sondern man muss die Mentalität der Täter ändern, die in den allermeisten Fällen wirklich TätER sind.

Wenn man Frauen sagt, dass sie "doch die Bluse zumachen" sollten, dann wirkt es so, als sei Sexismus ein ein privates und (einzig) individuelles Problem und kein strukturelles / gesellschaftliches. Als sei Sexismus eine unveränderliche Tatsache, mit der man umzugehen hat. 

Es gab ja in der letzten Zeit dieses #Metoo und ich habe viel mehr die Reaktionen von Männern mitbekommen als das, was die Frauen gesagt haben, was aber zu erwarten ist, da es immer so ist.

Die meisten Reaktionen waren z.B. von denjenigen, die sich gewundert haben, dass so was existiert, von denjenigen, die sich gefragt haben, "was darf man als Mann denn noch machen?", als ginge es darum, Männer Freiheiten zu nehmen, statt Frauen Freiheiten zu geben, weil sie ihnen bis jetzt fehlten, oder die Reaktionen wie "nur weil ich meine Freundin am Bein anfasse, soll sie mich anzeigen?".

Meist hatte man das Gefühl, dass diesen Männern menschliches Miteinander völlig fremd wäre oder man hätte davon den Eindruck haben können, dass speziell das männliche Geschlecht keine Ahnung von Körpersprache, Tonfall oder Mimik hätte und nicht wüsste, dass sich das Verhalten mit einer Freundin und einer fremden Person unterscheiden können.

Aber ich denke nicht, dass dem so ist, sondern ich denke, dass die Leute, die das meinten, eigentlich Schuldgefühle hatten und es nicht einsehen wollten. Sie haben absichtlich versucht, das ganze lächerlich wirken zu lassen, z.B. bei "nur weil ich dies und das mache, soll ich angezeigt werden?" oder "soll sie es irgendwo unterschreiben, dass ich sie diesmal wirklich küssen darf?".

Damit wird versucht zu sagen, "mit mir ist alles in Ordnung! Ihr seid aber verrückt!".

 

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