Schminke & Werbung

In Werbungen wird Schminke als etwas präsentiert, das zum Verbessern da ist - weil das weibliche Gesicht schon aus Prinzip voller Unvollkommenheit ist. 

"Weiblich", da diese Werbungen an Frauen gerichtet sind, obwohl Schminke nicht an einem Geschlecht gebunden ist.

 

Die Werbung sagt, das weibliche Gesicht bräuchte Produkte, um es zu ver"besser"n. Es ist nicht möglich schön auszusehen, wenn man die vorgestellen Produkte nicht hat.

 

Die Werbung kreiert einen Komplex. Sie will, dass der Konsument, und in diesem Fall die Konsumentin, glaubt, dass er/sie genau diese Produkte BRAUCHT. Ein Bedürfnis zu schaffen ist eigentlich das Ziel jeder Werbung.

 

Du brauchst etwas "Künstliches", um schön zu sein.

Auf dem Bild steht: "Everything you need to look naturally sexy."

 

Um natürlich zu sein, brauchst du also Make Up (um genauer auf die Aussage der Werbung einzugehen: Ohne Make Up kannst du zwar sexy sein, aber auf eine unnatürliche Weise). Selbst, wenn du natürlich sein willst, brauchst du Make Up.

Es muss irgendwie die Realität nachahmen, ist aber nicht die Realität. "Natural Make Up" ist einfach ein Oxymoron.

 

Wenn man sich denken kann, "ich bin natürlich UND bin geschminkt", wirkt es auf mich wie Selbstbetrug. Wenn dein Ziel es ist, natürlich zu sein, dann kannst du es lassen und dir die Zeit sparen. Die Werbung sagt den Frauen aber, dass sie ihr Aussehen ändern müssen, weil das, was sie sind, noch nicht genug ist, (um natürlich zu sein).


Es gibt diese "Face App", wo man Bilder von Frauen zu (typisch) Männern "verwandeln" kann und Bilder von Männern zu (typisch) Frauen. 

Jedoch: Wenn du einen Mann in einem Mann "verwandeln" willst, bleibt er gleich. Wenn du eine Frau in einer Frau "verwandeln" willst, ändert sich ihr Gesicht. Weil Frauen von Natur aus nicht wie Frauen aussehen.

Ich möchte allerdings auch betonen, dass "Natürlichkeit" nicht wirklich etwas bedeutet. Es ist ein soziales Konstrukt, da alles, was aus Atome besteht, natürlich ist. Und was besteht denn nicht aus Atomen?

 

Aber es gibt viele Menschen, die "natürlich" mit "gut" verwechseln. Die potenzielle Kundschaft denkt sich: So sehe ich natürlich aus, also so sehe ich dann auch gut aus. Die Denkweise nennt man Naturalisierung und ist ein logischer Fehlschluss.

 

Schminken sollte Kunst sein. Um sich in etwas zu verwandeln. Um etwas auszudrücken. Statt einem Blatt Papier hat man seine Haut.

Und keine Pflicht. Etwas, ohne du sonst nicht rauskannst.

 

Die Werbung schreibt in diesem Fall vor, was die Norm ist, was Schönheit ist und auch, was Kunst ist. Die Kunst, wie du dich asudrücken, anziehen oder schminken willst. Wie du rüberkommen und wahrgenommen werden möchtest. Die Werbung beeinflusst deine Identität. Sie sagt dir, wie du sein musst und wie du dich ausdrücken musst.

 

Die Werbung sagt dir, dass wenn du eine Person bist, die sich selbst nicht egal ist, eine Person, die sich pflegt, auf sich selbst aufpasst, sich nicht selbst vernachlässigt, an sich arbeitet, gesund ist und sich und das Leben liebt, dann musst du auf das Künstliche zurückgreifen. Du MUSST dich verstellen, (denn es ist nicht deine eigene Kunst.)

 

Schminken sollte man sich doch nur, wenn es einem Spaß macht, wie wenn man ein Bild malt. Oder wenn man schauspielert und modelt, da wird man aber auch von anderen geschminkt.

 

Wenn man als Frau nicht geschminkt ist, kann man Dinge hören, wie "du siehst krank aus", "hast du nicht genug geschlafen?" oder "wieso bist du dir so egal?". Diese Leute haben ein falsches Bild von dem, was ein Mensch ist. Sie haben ein "künstliches" Bild von dem, was ein Mensch ist, insbesondere von dem, was eine Frau ist.


 Es erinnert mich an das Buch "Hunger Games" von Suzanne Collins:

 

Die Protagonistin muss bei einer TV-Reality-Show mitmachen und wird deswegen von im Kapitol Lebende für die Kameras gestylt. Im Kapitol herrschen Modezwänge und viele tragen farbige Perücken, beide Geschlechter spritzen sich die Lippen auf, sie tättowieren sich die Brüste und den Kopf mit Goldfarbe, sie färben ihre Haut in lila oder grün, sie schneiden sich die Nase halb weg, verpassen sich lange Krallen, haben Katzenschnurrhaare, ritzen sich Verzierrungen ins Gesicht, wie sie sich ebenfalls Edelsteine einsetzen, zum Beispiel in den Wangen oder auf der Stirn und vieles mehr.

Und nachdem das Mädchen gestylt wurde, natürlich nicht so extrem, wie gerade beschrieben, sagen ihr die Stylist-inn-en: "Jetzt siehst du fast wie ein Mensch aus!".

 

Tanzen ist, genau so wie das Schminken, eine Kunst oder ein Hobby. Jedoch macht man gewöhnlich niemanden Vorwürfe, wenn das jemand nicht praktiziert.

 

Wenn man sich zwar gleich viel schminkt, aber eines Tages andere Farben benutzt - grün, lila, blau - stört es auf einmal die Leute, weil es "zu unnatürlich" ist.

Wieso darf man nicht entscheiden, welche Farben man verwendet?

 

Man sollte sich nicht schminken, um sich schöner zu machen, sondern um sich auf einer anderen Weise schön zu machen.

 

Manchmal sehe ich, wie Mädchen mit "viel" Schminke geschrieben wird, "du brauchst diese ganze Schminke doch gar nicht". Gibt es Menshcen, denen sie also sagen würden, dass sie welchen BRAUCHEN? Niemand braucht Schminke. Nur Künstlerinnen und Künstler.

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